CDU und CSU wollen am Samstag den Startschuss für den Europawahlkampf geben. Die klare Absage ihres Spitzenkandidaten Manfred Weber an das Gasprojekt Nord Stream 2 sorgt jedoch für Unruhe. Die SPD fordert eine Klarstellung der Unionsführung.

Berlin - Die Debatte um das umstrittene Gaspipeline-Projekt Nord Stream 2 belastet den Europawahlkampf der Unionsparteien. Der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid forderte die Parteichefs Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und Markus Söder (CSU) zu einer Klarstellung auf, nachdem sich ihr Spitzenkandidat Manfred Weber auf die Seite der Pipeline-Gegner geschlagen hatte. Weber habe sich „mit seiner überraschenden Festlegung gegen die Position der Bundeskanzlerin und der gesamten Bundesregierung gestellt“, sagte Schmid unserer Zeitung. „Insofern erwarte ich von der Union eine Antwort, wie dieser Widerspruch aufgelöst werden soll.“

 

Schulter an Schulter wollen Weber, Söder und Kramp-Karrenbauer am Samstag in Münster den Startschuss für den Europawahlkampf geben. Vor Webers Rede ist ein „Talk“ mit den Parteivorsitzenden geplant, bei dem es auch um seine Ankündigung gehen dürfte, als Präsident der EU-Kommission „alle Vorschriften“ anzuwenden, um Nord Stream 2 „zu blockieren“, da die Pipeline die Abhängigkeit der EU von russischem Gas verstärke. Weber kann sich als Spitzenkandidat der konservativen Parteienfamilie EVP Hoffnungen machen, Chef der EU-Kommission zu werden.

Merkel ist eine Verfechterin der Pipeline

„Noch nie habe ich es erlebt, dass ein Spitzenkandidat das glatte Gegenteil von seiner eigenen Partei vertritt“, sagte der Grünen-Spitzenkandidat für Europa, Sven Giegold, unserer Zeitung. Mit seiner Aussage sorgte Weber in dieser Woche in der Union für einige Verwunderung. Kanzlerin Angela Merkel ist eine entschiedene Verfechterin des Vorhabens, und der Koalitionspartner SPD will ebenfalls daran festhalten, wie Schmid klarstellte. „Europa ist noch auf längere Sicht auf Energieimporte angewiesen. Russisches Gas ist dabei ein wichtiger Bestandteil“, sagt der Reutlinger.

Die 2400 Kilometer lange Pipeline soll Gas von Russland nach Deutschland transportieren und ist gerade in Osteuropa umstritten. Solche Projekte müssten „in Abstimmung mit unseren Nachbarn“ wie Dänemark, Polen und den baltischen Staaten, aber auch der Ukraine entschieden werden, bekräftigte Weber am Freitag seine Haltung. Um EU-Kommissionspräsident zu werden, benötigt der CSU-Politiker auch Unterstützung aus anderen EU-Staaten und Fraktionen. Er respektiere die Position der Bundesregierung in der Frage „absolut“, sagte Weber. Er wolle aber in Europa Verantwortung übernehmen und müsse entsprechend handeln. „Das Entscheidende ist, dass wir europäisch entscheiden.“

Für die Grünen ist Nord Stream 2 eine „Provokation“

Die Grünen lehnen Nord Stream 2 ab, das Projekt ist nach Ansicht von Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt „von Anfang an eine Provokation gegenüber unseren europäischen Freunden“ gewesen. Damit es nun nach der Wahl nicht „bei wohlfeilen Forderungen“ bleibe, könne Weber ja schon jetzt erklären, nur als Kommissionspräsident anzutreten, wenn es vorher eine politische Einigung zum Ende der Pipeline gebe, sagte sie unserer Zeitung.