Auch Donald Trump mischt sich nun in den Streit um den Podcaster Joe Rogan. Der aber entzieht sich Umarmungsversuchen und macht wieder Witze.

Stuttgart - Warum der so erfolgreiche wie umstrittene US-Podcaster Joe Rogan bei vielen seiner Hörer so beliebt ist, lässt sich derzeit gut beobachten. Rogan versucht, mitten in einer heftigen Kontroverse um seine Person nicht völlig von irgendeinem politischen Lager vereinnahmt zu werden. Er beharrt darauf, fehlbares Individuum zu sein.

 

Rogan steht als Pandemie-Verharmloser, als Fake-News-Schleuder und zuletzt auch als angeblicher Rassist am Pranger. Das macht ihn zur Symbolfigur der radikalen Rechten in den USA, und die mag es gar nicht, dass Rogan sich für manche frühere Äußerung als Ausrutscher entschuldigt hat, anderes als Missverständnis relativiert und in Absprache mit seiner Plattform Spotify etliche Folgen seines Podcasts „The Joe Rogan Experience“ – mittlerweile rund 110 – offline genommen hat.

Kein Schulterschluss mit Donald Trump

Das hat unter anderem den Ex-Präsidenten Donald Trump auf den Plan gerufen. „Joe Rogan ist ein spannender und populärer Kerl, aber er muss aufhören, sich bei den Spinnern und Bekloppten der Lügenpresse und der radikalen Linken zu entschuldigen“, giftelte Trump. Rogan hat das nun gerade nicht zum Anlass eines engen Schulterschlusses genommen, sondern die äußerste Rechte düpiert. Bei einem öffentlichen Auftritt in Texas stellte er klar: „Man sollte sich für das entschuldigen, was man bereut.“ Und machte im selben Atemzug deutlich, dass er eine Grenze zieht. „Man muss aufpassen, sich nicht mit einer Entschuldigung jedem Blödsinn zu beugen.“

Dass Rogan auf keinen Fall zum rechten Freischärlergeneral im längst entbrannten Nachrichten- und Deutungskrieg werden möchte, lässt sich auch an einer anderen Entscheidung ablesen. Chris Pavlovski, der Gründer der kanadischen Videoplattform „Rumble“ (auf Deutsch als Knatsch, Krawall oder Schlägerei übersetzbar) hatte Rogan 100 Millionen Dollar angeboten, um mit seinem Podcast auf Rumble umzuziehen. Das ist so viel Geld, wie Rogan von Spotify für die Exklusivrechte an „The Joe Rogan Experience“ kassiert hatte. „Rumble“, einer der wichtigen Durchlauferhitzer für ultrarechte virale Kampagnen, wäre auch mehr als willig, alle bei Spotify in den Giftschrank gewanderten Podcast-Folgen wieder zugänglich zu machen. Rogan aber hat abgelehnt: Er wolle bei Spotify bleiben.

Joe Rogan ist nicht das Hauptproblem

Begonnen hatte der aktuelle Streit um Rogans Meinungen und Wirkung mit einem nicht erfüllten Ultimatum von Neil Young im Januar. Weil Spotify jene Podcast-Folgen nicht zurückzog, in denen Rogan Falschinformationen zu Covid-19 als valide Gegenpositionen zur Mehrheitsmeinung der Experten präsentierte, zog Young seine Musik von Spotify zurück. Einige Kolleginnen und Kollegen folgten seinem Beispiel.

Mittlerweile ist sehr offenbar, dass bei diesem Konflikt neben dem Unmut über Rogans Corona-Äußerungen ein ebenso großer, älterer Unmut über Spotifys Geschäftsmodell eine Rolle spielt. Musiker erhalten für das Gestreamtwerden ihrer Werke dort ja nur winzige Beträge. Young hat mittlerweile verkündet, nicht Rogan, sondern Spotify-Chef Daniel Ek sei das Hauptproblem. Der sei nur an Profit interessiert, nicht an Kunst. Youngs Appell an andere Musiker: „Verlasst diesen Ort, bevor er eure Seele auffrisst.“

Zerknirscht oder verantwortungslos?

Joe Rogan zeigt unterdessen im Moment von Entschuldigung und Verteidigung wieder einmal, wo das Problem liegt. Sein Podcast kann Anmutung und Wirkung einer politischen Debattenplattform haben, wird von ihm selbst aber als Fortsetzung seines Jobs als Standup-Comedian gesehen. So sagt er auch jetzt Dinge, die man – je nach Voreingenommenheit – als zerknirscht selbstironisch oder als dreist verantwortungslos werten kann. Eine seiner Repliken auf den Vorwurf der Fake-News-Verbreitung lautet etwa: „Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf: Nehmen Sie von mir keinen Rat an.“ Und eine noch zugespitztere: „Was für einen Schwachsinn hatten denn Sie vor, wenn Ihnen meine dämlichen Vorschläge schon schlauer vorkamen?“