In Athen spricht man davon, dass man im Konflikt um die Reparationen klagen will. Doch Griechenland kann ohne deutsche Zustimmung nicht juristisch gegen Berlin vorgehen.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Berlin - Nun hat sich also auch der neue griechische Staatspräsident zu Wort gemeldet. Sein Land könne Reparationen von Deutschland einklagen, sagt Prokopis Pavlopoulos nur wenige Tage nach seinem Amtsantritt und gibt quasi als Bekräftigung an: „Die Forderungen sind aktiv.“ Das ist freilich alles andere als eine juristische Begründung. Es ist eine sehr politische Wortwahl. In der Praxis dürfte es für Athen denn auch sehr kompliziert werden, für die (vermeintlichen) Ansprüche gegen Berlin überhaupt ein zuständiges Gericht zu finden. Es sei denn Deutschland spielt dabei auch politisch mit.

 

Für Streitigkeiten zwischen zwei Staaten ist der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag zuständig. Der darf gemäß seiner Statuten jedoch nur dann tätig werden, wenn alle potenziell beteiligten Konfliktparteien damit einverstanden sind. Allerdings hat Deutschland im Jahr 2008 eine Unterwerfungserklärung abgegeben. Das bedeutet, dass die Bundesregierung damit einverstanden ist, in den Niederlanden verklagt zu werden, solange der klagende Staat ebenfalls eine solche Erklärung abgegeben hat. Griechenland hat das bereits im Jahr 1994 getan.

Für Reparationszahlungen gilt die Erklärung nicht

Die deutsche Erklärung aus dem Jahr 2008 enthält jedoch den Zusatz, dass sie nur für Angelegenheiten gilt, die nach Abgabe der Erklärung entstehen. Sie ist also nicht anwendbar für Streitigkeiten, die ihren Ursprung in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts haben. Sowohl für die rechtliche Klärung einer Rückzahlung der Zwangsanleihe in Höhe von 476 Millionen Reichsmark, die Hitler 1942 von Griechenland erhoben hat, als auch für Reparationszahlungen allgemeiner Art gilt die Erklärung nicht. Ein Klageerzwingungsverfahren sieht das internationale Recht nicht vor. Wenn Griechenland will, dass der IGH entscheidet, dann geht das nur mit deutscher Zustimmung. Danach sieht es im Augenblick nicht aus. Ob eine mögliche Klage inhaltlich begründet wäre, ist eine andere Frage. Allerdings: zumindest im Falle der Zwangsanleihe steht Griechenland noch eine weitere Möglichkeit offen. Athen könnte seine Ansprüche aus einem Darlehensvertrag begründen und vor einem deutschen Zivilgericht Klage erheben. Das hat Griechenland bisher nicht getan.

Deutschland müsste auf seine Staatenimmunität verzichten

Griechische Gerichte könnten Deutschland nur dann rechtmäßig zur Zahlung verurteilen, wenn Deutschland auf seine Staatenimmunität verzichtete. Das ist nicht zu erwarten. Dieser Grundsatz gilt im Übrigen nicht nur für den Fall, dass ein Staat gegen einen anderen Staat klagt, sondern auch bei Klagen von Privatpersonen gegen Staaten. Ein italienisches Gericht hatte 2008 einem italienischen Arbeiter das Recht auf eine Entschädigung gegenüber Deutschland zugesprochen. Der Mann war 1944 verschleppt worden und musste in Deutschland Zwangsarbeit in einer Rüstungsfabrik leisten. Der IGH sprach dem italienischen Gericht allerdings die Zuständigkeit ab.