Die Union warnt auf dem Gipfel der östlichen Partnerschaft den Kreml sehr deutlich vor einem Einmarsch in die Ukraine.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Brüssel - Die östliche Partnerschaft der EU hat zuletzt deutlich an Schwung verloren. Zu viele Hoffnungen wurden in den vergangenen Jahren enttäuscht. Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldau und die Ukraine hatten sich eine schnellere Annäherung an die Europäische Union gewünscht und träumten sogar vom baldigen Betritt. Nur wenig hat sich erfüllt. Waren die Treffen deshalb zuletzt eher Pflichtübungen zum freundlichen Austausch, hat sich diese Grundstimmung beim aktuellen Gipfel am Mittwoch in Brüssel grundlegend geändert.

 

Der Grund ist der russische Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine. Nach Erkenntnissen der Nato hat Russland dort fast 100 000 Soldaten zusammengezogen. Die Entwicklungen wecken Erinnerungen an 2014. Damals hatte sich Moskau nach dem Umsturz in der Ukraine die Halbinsel Krim einverleibt und mit der noch heute andauernden Unterstützung von Separatisten in der Ostukraine begonnen.

Diesmal will Europa keinen Rechtsbruch dulden

Russland blickte von Beginn an mit großem Argwohn auf die östliche Partnerschaft der EU mit den Staaten der ehemaligen Sowjetunion, liefert mit seinem völkerrechtswidrigen Expansionsstreben allerdings selbst die Argumente, weshalb die Länder in russischer Reichweite Unterstützung im Westen suchen. Nach den Erfahrungen mit der Annexion der Krim zeigt sich Europa gewillt, dem Kreml dieses Mal nicht den Rechtsbruch durchgehen zu lassen. Schon vor dem Gipfel in Brüssel hieß es von deutscher Seite, dass „klare und unmissverständliche“ Signale an Moskau gesendet würden, „dass jede Aggression gegen die Ukraine sehr ernste politische und wirtschaftliche Folgen“ hätte. Genaueres wurde von den Diplomaten nicht preisgegeben, man wolle nicht alle Folterwerkzeuge auf den Tisch legen.

Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen meldete sich am Mittwoch zu Wort. Sie drohte Moskau im Falle einer Aggression mit „nie da gewesenen Maßnahmen“. Die EU habe schon eine Reihe an Sanktionen verhängt, die, falls nötig, ausgedehnt werden könnten, sagte sie vor dem EU-Parlament in Straßburg. „Und selbstverständlich sind wir bereit, noch weitere, nie da gewesene Maßnahmen mit ernsten Konsequenzen für Russland zu ergreifen.“ Dazu gehören nach Angaben aus Brüssel

Wirtschaftssanktionen hätten fatale Folgen für Moskau

Wirtschaftssanktionen wie den Ausschluss Russlands vom internationalen Finanzhandelssystem Swift, was für Moskau fatale Folgen hätte. In Brüssel musste der neue Bundeskanzler Olaf Scholz seine Fähigkeiten als Krisenmanager beweisen. Er traf sich am Rande des Gipfels mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und Wolodymyr Selenskyj. Dieses Gespräch war spannungsgeladen, denn der ukrainische Staatschef hatte am Tag vor dem Gipfel massive Vorwürfe gegen Berlin erhoben. Die Bundesregierung habe die Ukraine kürzlich daran gehindert, „im Rahmen der Nato-Zusammenarbeit Lieferungen von Waffensystemen zur Verteidigung zu erhalten“, kritisierte Selenskyj.

Die Bundesregierung brauche sich „nicht vorwerfen zu lassen, dass wir es an Engagement haben fehlen lassen“, hieß es postwendend. Die beste Antwort auf die russische Bedrohung sei „nicht eine massive Aufrüstung der Ukraine“, sondern eine Abrüstung Russlands, heißt es in den Regierungskreisen. Aus diesem Grund wird in Berlin immer wieder betont, dass man Moskau nicht nur die Folgen einer möglichen militärischen Aggression in der Ukraine aufzeigen wolle. Ziel sei es, mit Russland ins Gespräch zu kommen, um den Konflikt friedlich zu lösen.