Wie geht es weiter mit dem Tierheim? In zwei Wochen soll es ein klärendes Treffen zwischen Stadt und Tierheimleitung geben. Am Wochenende feierte man unterdessen ein – schwer verregnetes – Sommerfest.

Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Stuttgart - Um 15.28 Uhr am Samstag hatte Petrus endgültig die Faxen dicke. Ein veritabler Wolkenbruch ergoss sich über dem Stuttgarter Tierheim. Da ging selbst Angelika Schmidt-Straube in Deckung, die streitbare Vorsitzende der Einrichtung in Stuttgart-Botnang. Eben noch hatte die 58-Jährige noch einmal bekräftigt, dass ihre Arche Noah keinen Zentimeter von ihren Forderungen abweichen würde. Das Tierheim will künftig eine Pauschale über 500 000 Euro statt wie bisher 200 000 pro Jahr von der Stadt. „Oder eine Kopf-Pauschale von 77 Cent pro Einwohner und Jahr“, sagt Angelika Schmidt-Straube. Daher hatte die Einrichtung den eigentlich noch bis zum 1. Januar 2015 laufenden Vertrag mit der Stadt zum Ende des Jahres gekündigt.

 

Es folgte ein eigenwilliges Schauspiel der Schuldzuweisungen. Die Stadt warf dem Tierheim vor, finanziell nicht transparent zu arbeiten. Das Tierheim konterte mit der Feststellung, man sei Dienstleister der Stadt Stuttgart, kümmere sich für diese um alle herrenlose Tiere in der Stadt und bräuchte für diese Ausgabe eigentlich 1,8 Millionen Euro pro Jahr. „Die 200 000 Euro Zuschuss der Stadt reichen hinten und vorne nicht“, so Schmidt-Straube.

Vorstellung mit viel Witz

Vielleicht hatte also Petrus einfach keine Lust mehr auf die Auseinandersetzung zwischen Stadtverwaltung und Tierschützern, als er das Sommerfest des Tierheims am Samstag beinahe biblisch flutete. Dabei traf es aber in jedem Fall die falschen, nämlich die Besucher. Rund 2000 Gäste trotzten über den Samstag verteilt dem Regen. Das Programm für Tierfreunde konnte sich aber auch durchaus sehen lassen. Tierpfleger Stefan Groß stellte mit viel Witz zu jeder vollen Stunde unter dem Motto „Herrchen gesucht“ einige der Tierheimhunde vor. „Jakomo verteidigt sein Herrchen im Biergarten, indem es im schlimmsten Fall nach der Bedienung schnappt“, so Groß über einen seiner Schützlinge.

Neben der munteren Vierbeiner-Vorstellungsrunde gehörte die Versteigerung einer Ferienreise nach Kroatien am Samstag zu den Programm-Highlights. Die 350 Euro für eine Woche Urlaub im Ferienhaus kommen der klammen Tierheim-Kasse zu Gute. „Die Stadt bezuschusst unsere Tiere nur bis zum 28. Tag, den sie bei uns verbringen. Bis das Tier medizinisch untersucht ist und wir es richtig kennen gelernt haben, vergehen aber schon zahlreiche Tage. Die wenigsten Tiere können wir innerhalb diesen Zeitraums weiter vermitteln. Nach den 28 Tagen versorgen wir die Tiere komplett auf eigene Kosten“, sagt Schmidt-Straube. Im Schnitt dauere es drei Monate, bis ein Tier ein neues Zuhause gefunden habe. „Wir sind es leid, als Bittsteller aufzutreten. Dieses Spielchen spielen wir jetzt seit 23 Jahren. Ab jetzt wollen wir einen richtig schönen Dienstleistervertrag, bei dem wir den Preis bestimmen“, so Schmidt-Straube weiter. In den Augen der streitbaren Vorsitzenden habe das Tierheim die Stadt in der Vergangenheit subventioniert – und nicht umgekehrt.

Verstimmte Vorsitzende

Auf den Vorwurf der Stadt, Schmidt-Straubes Einrichtung arbeite nicht transparent, reagiert die Tierheim-Vorsitzende verstimmt: „Am Donnerstag haben wir unsere Gewinn-Verlustrechnung an die Stadt geschickt. Das war ein Kilogramm Papier, in dem jeder Euro aufgeschlüsselt ist“, erklärt sie.

Die einseitige Kündigung des Vertrags hat die Stadt nicht akzeptiert. Kommt es jetzt zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung? „Wir haben keinen Grund zu klagen. Die Stadt müsste uns verklagen“, so die Vorsitzende.

Boxerin setzt sich fürs Tierheim ein

Die Sympathien in der Auseinandersetzung sind indes klar verteilt: Innerhalb der vergangenen vier Wochen haben Stuttgarter Bürger 200 000 Euro für die Einrichtung gespendet. Für den zweiten Tag des Sommerfestes, den Sonntag, hatte sich mit Alesia Graf prominenter Besuch im Tierheim angekündigt. Bei einer Tombola konnte man eine private Autogrammstunde mit der Boxweltmeisterin gewinnen.

Ob Angelika Schmidt-Straube Alesia Graf für die nächste Runde im Streit zwischen Stadt und Tierheim zu Rate zieht, ist nicht bekannt. Am 15. Juli trifft sich Schmidt-Straube mit Ordnungsbürgermeister Martin Schairer zu einem klärenden Gespräch. Solange gilt für den Konflikt der Spruch von Tierpfleger Stefan Groß über seinen Zögling Jakomo: „Er hat nie gelernt, dass Kooperation mit den Menschen grundsätzlich eine gute Sache ist.“