Nach illegalen Auffüllungen im Garten der Fabrikantenvilla Adolff, soll der Besitzer jetzt 5000 Kubikmeter Erde wieder abtragen. Die Stadt will einen entsprechenden Bußgeldbescheid erlassen.

Backnang - In einem seit knapp zwei Jahren schwelenden Streit zwischen der Stadt Backnang und einem örtlichen Unternehmer hat ein von der Kommune beauftragter Gutachter jetzt einen Vorschlag zur Lösung des Konflikts unterbreitet. Es geht um eine illegale Erdauffüllung im Garten der denkmalgeschützten Fabrikantenvilla Adolff. Einigen Stadträten hat indes überhaupt nicht gefallen, was ihnen in der jüngsten Ratssitzung präsentiert wurde, denn entscheiden durften die Kommunalpolitiker über den Kompromissvorschlag nicht. Die Angelegenheit ist als eine hoheitliche Aufgabe der Verwaltung deklariert.

 

Fast 13 000 Kubikmeter Erde zu viel

Hermann Püttmer, oder genauer gesagt die Riva-Gruppe, deren Seniorchef er ist, hat vor einigen Jahren die alte Fabrikantenvilla in der Eugen-Adolff-Straße gekauft und aufwendig saniert. Die Firma hatte die Genehmigung, den rund zwei Hektar großen Garten der Villa umzugestalten, 19 000 Kubikmeter Erdreich hätten aufgefüllt werden können. Im Sommer 2015 stellte die Kommune indes fest, dass rund 31 700 Kubikmeter angekarrt worden waren. Die Verwaltung verfügte die Einstellung der Bauarbeiten, seither ruhen die Arbeiten – und der Streit zwischen dem erfolgreichen Unternehmer und der Kommune schwelt.

Zunächst hatte die Villa als nobles Gästehaus für Geschäftspartner dienen sollen, jetzt aber beherbergt sie das Tochterunternehmen Riva Immobilien. Püttmers jüngste Idee war zudem, den großen Garten für öffentliche Kulturveranstaltungen wie Konzerte zu nutzen. Für das geplante Amphitheater, in dem rund 800 Gäste Platz finden sollten, fehlte dem am Hang gelegenen Areal aber eine ausreichend große ebene Fläche. Also wurde Erdreich angefahren – wie sich herausstellte, viel mehr als erlaubt.

5000 Kubikmeter müssen wieder abgetragen werden

Um klären zu lassen, in welchem Umfang die Erdaufschüttung als „verträglich“ angesehen werden könnten, hatte die Stadt daraufhin den renommierten Landschaftsplaner Sigurd Henne und dessen Bruchsaler Büro BHM als Gutachter eingeschaltet. Eine Vorgabe war, dass die denkmalgeschützte Villa und deren Stützmauer von der Gartenstraße aus wieder zu sehen sind. Zurzeit sei das wegen der Erdmassen nicht möglich, erläuterten der Leiter des Baurechtsamts, Helmut Wagner, und der Leiter des Stadtplanungsamts, Stefan Setzer, in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats.

Das Ergebnis der Expertise knapp zusammengefasst: 5000 Kubikmeter Erdreich müssen an der Hangkante wieder abgetragen werden, und 2000 Kubikmeter müssen auf dem Areal bewegt, also anders verteilt, werden. Ein bereits angelegter Teich müsse deutlich verkleinert, das Amphitheater dürfe gar nicht angelegt werden. Bis Ende des Jahres sollen diese Arbeiten umgesetzt werden. Die Firma müsse mit einem Bußgeldbescheid rechnen, erklärte Wagner. Bei Riva sei man nicht begeistert, man habe aber Zustimmung signalisiert.

OB Nopper: Wir messen nicht mit zweierlei Maß

Oberbürgermeister Frank Nopper betonte in der Sitzung, dass Hermann Püttmer „nicht besser, aber auch nicht schlechter“ behandelt werde als jeder andere Bürger. Sollte jemand eine Garage oder eine Dachgaube ohne die erforderliche Genehmigung bauen, dann werde auch geprüft, ob nachträglich eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden könne, erklärte Helmut Wagner. Nur selten müsse ein Bauwerk wieder komplett abgebrochen werden. Der Oberbürgermeister: „Wir messen nicht mit zweierlei Maß.“

Der streitbare Stadtrat Alfred Bauer vom Bürgerforum hingegen ist der Auffassung, dass die Verwaltung eine Mitschuld an dem Schlamassel trage. Die Mitarbeiter hätten 2015 viel zu lange zugeschaut, wie die Erdmassen angekarrt worden seien. Außerdem, so Bauer weiter, „könnte Herr Püttmer böse werden und den Sitz seiner Firma verlegen“ – dann entgingen der Stadt Steuereinnahmen.

Völlig anders sehen Norwin Balmer (CDU) und Eric Bachert (Grüne) die Sache. Balmer äußerte, dass er „verärgert, fast sprachlos“ sei. Bachert sagte, dass man kaum Einwände gegen den abgespeckten Park geltend machen könne, der nun auf dem Areal entstehen solle. Dennoch sei das Signal, das von dem Kompromiss ausgehe, „verheerend“. Püttmer habe in „betrügerischer Absicht“ gehandelt. Die Kommune habe die Kontrolle verloren. Generell lasse die Stadtverwaltung dem Unternehmer „zu viel durchgehen“.

Püttmer: Kein Nachteil für die Stadt

Die Einschätzung des Baurechtsamtsleiters ist hingegen, dass der Bauherr „gar nicht gut weg kommt“. Die Baustelle ruhe seit eineinhalb Jahren. Püttmer habe Scherereien und müsse das Bußgeld bezahlen, über dessen Höhe in der Sitzung indes auch auf Nachfrage nichts gesagt wurde. Die Anwohner müssten nun mit rund 250 Lastwagenfahrten rechnen, dann seien die besagten 5000 Kubikmeter Erdreich wieder weg.

Hermann Püttmer indes ist nach wie vor der Auffassung, dass er mit unsinnigen Verwaltungsvorschriften daran gehindert werde, auch für die Allgemeinheit positiv gestalterisch tätig zu werden. Das hat er auf Nachfrage durchblicken lassen. Und „warum muss ich mir von der Stadt Backnang eigentlich vorschreiben lassen, wie ich meinen Garten gestalte?“ Püttmer bestreitet nicht, dass im Garten der Villa zu viel Erdreich eingebracht worden ist, doch er glaubt auch nicht, dass der Stadt Backnang durch die Geländemodellierung ein Nachteil entstanden ist. Ganz im Gegenteil: Das Amphitheater hätte „in Backnang kulturell etwas bewegt“.

Das Fabrikantendomizil

Villa Die
1912 von dem Cannstatter Architekten Wilhelm Friedrich Schuh für den Fabrikanten Eugen Adolff entworfene Villa, später als Villa Breuninger bekannt, diente vor dem Kauf durch die Riva-Holding als Unterkunft für die Jugendmusikschule. Im Sommer 2014 wurde die aufwendige Sanierung des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes gefeiert, in dem seither die Immobilientochter von Riva logiert.

Riva Das
Hauptgeschäftsfeld der Riva-Holding, deren Firma Riva Engineering ihren Sitz im Backnanger Industriegebiet Lerchenäcker hat, ist der Bau von Spezialfassaden. Laut eigenen Angaben hat das Unternehmen unter anderem am Sony Center in Berlin oder dem Kingdom Centre Riad in Saudi-Arabien mitgewirkt. Gründer von Riva ist der heute 77-jährige Hermann Püttmer, der in der Backnanger GmbH auch als Geschäftsführer fungiert.