Die Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie droht im Januar zu eskalieren. IG-Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger warnte Südwestmetall-Chef Stefan Wolf im Streitgespräch unserer Zeitung: Wenn die Arbeitgeber weiterhin nur „nein“ sagen, „kann es richtig Krach geben“.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Am Donnerstag setzen IG Metall und Arbeitgeber in Ludwigsburg die Tarifrunde fort. Der Graben ist tief wie nie, seitdem die IG Metall ihre Forderung nach sechs Prozent mehr Entgelt und kürzerer Arbeitszeit erhoben hat.

 
Herr Wolf, die Arbeitgeber bieten der IG Metall 2,0 Prozent mehr Lohn – wenn Sie noch 1,5 bis zwei Prozent drauflegen, können Sie sich relativ schnell einig werden?
Wolf: Das Angebot, das wir am Donnerstag vorlegen werden, beteiligt die Mitarbeiter fair am Erfolg der Unternehmen. Sie sind sich darüber im Klaren, welche gewaltigen Veränderungsprozesse in unserer Industrie anstehen. Dass diese etwas kosten, ist klar. Die Mitarbeiter sind bereit, sich daran zu beteiligen.
Herr Zitzelsberger, sind die zwei Prozent für Sie die übliche „Provokation“?
Zitzelsberger: Ich nehme mal zur Kenntnis, dass man sich bemüht – aber es ist weit unter dem, was machbar ist. Da nützt Empörung nichts, es wird einfach nicht reichen, um zum Ergebnis zu kommen. Zumal die Arbeitgeber das Angebot an ihre Flexibilisierungswünsche binden. Das wäre praktisch das Doppel-Null-Paket.
Die Beschäftigten der Metallindustrie verdienen im Schnitt 63 000 Euro im Jahr. Damit eilen den anderen Branchen weit voraus – kein Problem für Sie?
Zitzelsberger: Ganz im Gegenteil. Wir haben in Baden-Württemberg eine gut florierende Metall- und Elektroindustrie. Und der Anteil der Höherqualifizierten und höher Bezahlten ist ständig gewachsen. Insofern hat das mit Strukturveränderungen zu tun. Und wieso davongeeilt? Den Gewinnen der Unternehmen sind die Verdienste nicht davongeeilt.
Wolf: Von hohen Gewinnen zu sprechen, mag vielleicht für den einen oder anderen Betrieb zutreffen. Aber im Schnitt liegen die Renditen bei zwei bis drei Prozent. Man darf nicht nur von den Unternehmen ausgehen, bei denen es wirklich sehr gut läuft.
Zitzelsberger: Da wird schlicht künstlich herunter gerechnet von der Brutto- auf die Nettorendite nach den steuerlichen Abzügen. Der Anteil der Betriebe, wo es nicht so rund läuft, ist so minimal, dass man sagen kann: In der Breite läuft es gut.
Wolf: Wenn es in drei oder vier Jahren mal schlechter laufen sollte, sind wir nach den üppigen Steigerungen der vergangenen Jahre in den Arbeitskosten zu teuer. Dann wird es zu Verlagerungen kommen, und die Arbeitsplätze wandern ab.
Zitzelsberger: Das können Sie doch nicht auf die Tarifpolitik der IG Metall schieben. Die Tarifverträge werden immer von beiden Seiten unterschrieben. Insofern tragen wir gemeinsam die Verantwortung für diese Entwicklung. Wir leben in einer Prosperität, wie wir sie selten hatten. Und dass es am Ende ein Abschluss sein wird, der nicht ganz bei unserer und nicht ganz bei Ihrer Vorstellung liegt, ist auch klar.
Sie fordern eine Arbeitszeitverkürzung, die auch teuer würde. Langen Sie jetzt voll zu?
Zitzelsberger: Wir reden nicht über eine generelle Verkürzung, sondern über die Möglichkeit für den Einzelnen, bei Bedarf die Arbeitszeit vorübergehend abzusenken. Nach unseren Berechnungen ergeben sich zusätzliche Kosten, die weniger als ein Prozent im Gesamtvolumen ausmachen, wenn unsere Forderungen zur Arbeitszeit umfänglich erfüllt werden. Wir wissen sehr wohl, was zumutbar ist.