Neue Schilder auf den Friedhöfen in Filderstadt erstaunen so manchen – weil auffallend vieles untersagt ist. Was soll das? Und ist Filderstadt besonders streng?
Der Punkt „Verboten“ hat gleich sechs Unterpunkte. Das Mitbringen von Tieren ist ebenso untersagt wie das Befahren mit Fahrzeugen. Lärm, Rauchen und ungebührliches Verhalten sind nicht erlaubt, auch nicht der Handel vor Ort, das Beschädigen von Denkmälern sowie das Betreten von Gräbern und Anlagen. Hinzu kommt: Kinder unter zehn Jahren dürfen nur in Begleitung von Erwachsenen erscheinen. Zuwiderhandlungen würden polizeilich bestraft, ist zu lesen. Die lange Latte von Verboten, die auf einem neu installierten Schild auf dem Friedhof in Bernhausen zu finden ist, hat zuletzt etliche Filderstädterinnen und Filderstädter erstaunt. „Spießig“ oder „peinlich“ sei das.
Cornelia Banaschewski aus der Abteilung Friedhofswesen bei der Stadtverwaltung Filderstadt kann die Aufregung indes nicht richtig verstehen. „Die Regeln gelten schon immer“, sagt sie, und zwar auf sämtlichen sechs Friedhöfen in der Stadt. Mitte Dezember seien die jahrzehntealten, vergilbten Schilder ausgetauscht worden, und die neuen Hinweistafeln seien eben nun aufgefallen. „Den Inhalt haben wir eins zu eins übernommen“, sagt sie.
Schließdienst für die Toiletten am Wochenende
Warum es auf Friedhöfen derart viele Regeln gibt, erklärt sie so: Es seien Orte der Ruhe und der Besinnung, da gehe es eben nicht, dass gelärmt oder gespielt werde. Allerdings kommt das dennoch durchaus vor. Laut Cornelia Banaschewski ist gerade der Friedhof Bernhausen ein Hotspot. Zum einen hätten Jugendgruppen ihn als Treffpunkt auserkoren. Das gehe so weit, dass am Wochenende ein Schließdienst für die Toiletten im Einsatz sei. Dort komme es immer wieder zu „Vandalismus in Reinform“, wie Banaschewski sich ausdrückt. Sie berichtet von abgeschlagenen Fliesen, von zerstörten Handtuchhaltern, von Utensilien zum Drogenkonsum. Einen Schließdienst zu bezahlen sei „günstiger, als wenn wir alle zwei Wochen etwas erneuern“. Auch mit Streetworkern habe man in Bernhausen zusammengearbeitet, weil es Pöbeleien gegeben habe.
Zerstörung, Diebstahl, Urinieren gegen Kolumbarien, das sind laut der Fachfrau Extremfälle, „aber Fakt ist, diese Extremfälle gibt es“. Just an diesem Vormittag sei ein Mann in Bernhausen mit seinem Auto bis an ein Grab gefahren, um Gartengeräte auszuladen. In Plattenhardt hätten im Sommer Hundebesitzer ihre Tiere im Brunnen gebadet. Mitunter seien die Ertappten uneinsichtig. „Wenn wir die Leute ansprechen, bekommen wir alles zu hören“, sagt Cornelia Banaschewski. Regelmäßig seien Menschen auch mit dem Fahrrad oder Mopeds auf den Friedhöfen der Stadt unterwegs.
Friedhofsregeln in Esslingen und in Stuttgart
Die Regeln, die auf den Friedhöfen in Filderstadt gelten, gibt es auch anderswo. „Das ist Standard.“ In Esslingen etwa ist der Passus „Verhalten auf dem Friedhof“ in der städtischen Friedhofsordnung noch mal länger, und in Stuttgart dürfen sogar unter Siebenjährige offiziell nicht allein auf Friedhöfe. Cornelia Banaschewski stellt für Filderstadt jedoch klar: Keiner aus ihrem Team wird kleine Kinder angehen, wenn sie auch ohne Begleitung über das Gelände spazieren. Tatsächlich nutzen in Bernhausen viele Minderjährige die Abkürzung über den Friedhof als Schulweg. „Die werden nicht rausgeschmissen, um Gottes willen“, sagt sie. Zur Frage, ob man kleine Mädchen und Jungen zwischen Gräbern allein lassen lassen sollte, hat sie als Mutter indes eine klare Meinung. „Die Kinder haben viele Fragen, allein schon deswegen sollten Erwachsene dabei sein.“