US-Gesetze sind streng. Das zeigt jetzt der Fall eines Mannes, der für das Herunterladen von Fotos mit Kinderpornografie lebenslang hinter Gitter muss.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Washington - 454 Fotos aus dem Internet herunterzuladen ist eine Sache von Minuten. Doch der 26-jährige Lagerarbeiter Daniel Vilca aus East Naples in Florida, der Fotos mit Kinderpornografie auf seinem Computer speicherte, hat in solchen Minuten sein Leben ruiniert. Ein Gericht in Florida hat den nicht vorbestraften Mann zu lebenslänglich ohne jede Chance auf Begnadigung verurteilt - eine Strafe, die in den USA sonst nur Mördern vorbehalten ist.

 

Der Richter hatte bei der Strafbemessung wenig Spielraum. Neue gesetzliche Vorschriften schreiben ihnen in Florida ein rigides Urteil vor. Das hat dort die absurde Folge, dass die Strafen für das Herunterladen von Bildern inzwischen härter sein können als für den Kindesmissbrauch selbst. Immer mehr US-Bundesstaaten fahren eine solche harte Linie.

Urheber sind bisher straffrei ausgegangen

Vilca hat keines der Fotos gemacht. Er ist auch nie in die Nähe eines Kindes gekommen. Steve Maresca, der stellvertretende Staatsanwalt für diesen Fall, hat gegenüber der "New York Times" das Exempel dennoch gerechtfertigt. "Diese Kinder sind Opfer - und jeder, der diese Bilder anschaut, macht sie erneut zu Opfern". Vilcas Verteidiger Lee Hollander zeigt sich entsetzt: "Ein Leben hinter Gittern, weil man Bilder angeschaut hat, selbst wenn es Bilder von Kindern waren - dafür fehlt mir jegliches Verständnis".

Die Urheber der Fotos seien hingegen bisher straffrei ausgegangen. Das Strafmaß wurde am Ende verschärft, weil Vilca keine Schulderklärung abgab. In den USA ist nun eine Debatte entbrannt, ob solche rigiden Strafen nicht vor allem irrationale Ängste widerspiegeln. Es gibt keinerlei kriminalistischen Erkenntnisse darüber, dass sich Konsumenten von Kinderpornografie sich später systematisch an Kindern vergreifen. Tamara Rice Lave, eine Rechtsprofessorin an der Universität Miami, nennt die Strafe exzessiv: "Der Kerl ist jung und hat noch sein ganzes Leben vor sich. Es gibt keinen Grund zu glauben, dass er aus seinen Fehlern nicht lernen kann."

Spielraum für Berufung ist begrenzt

Juristisch ist der Spielraum für eine Berufung begrenzt. Der Oberste Gerichtshof der USA hat bisher weder die Todesstrafe noch andere harte Gerichtsurteile als "grausame und unübliche Strafen" klassifiziert, die laut US-Verfassung verboten sind. Das Argument der Unmenschlichkeit von Strafen ziehe juristisch selten, sagt Robert Rosen, der Juraprofessor in Miami ist: "Wenn man die Vorschriften für die Bestrafung ändern will, dann muss man sich an die Parlamentarier wenden." Doch bei US-Politikern gilt eine gnadenlose Justiz als Zeichen der Stärke.

Eine ähnlich rigide Rechtsauslegung könnte am Mittwoch einen Todeskandidaten in Texas das Leben kosten. Seit 1995 wartet der wegen des Mordes an seiner Freundin und ihrer zwei Söhne zum Tode verurteilte Hank Skinner auf seine Hinrichtung. Und seit zehn Jahren kämpft er darum, dass die DNA-Spuren vom Tatort systematisch untersucht werden. Im ursprünglichen Prozess versäumten es Skinners Verteidiger, dies zu beantragen - in der wohl irrigen Annahme, dass das Material ihn belasten könnte. Ein einziges, nachträglich getestetes Haar legt nahe, dass Skinner unschuldig sein könnte. Doch Texas weigert sich, die Frage von Schuld und Unschuld noch einmal gründlich zu überprüfen, obwohl jüngst die Regeln für DNA-Tests gelockert worden sind.

Lockerungen verteidigen Legitimität der Todesstrafe

Diese Lockerungen hatten keine humanitären Gründe. Sie sollten die Legitimität der Todesstrafe verteidigen. Die Sorge, dass gelegentlich Unschuldige hingerichtet werden, ist in den USA das größte politische Einfallstor für Hinrichtungsgegner. Doch massive Zweifel an der Schuld des Angeklagten konnten auch in Georgia im September dieses Jahres nicht die Hinrichtung des angeblichen Polizistenmörders Troy Davis verhindern.

Auch für Hank Skinner sieht es schlecht aus. Ein Gericht hat neue DNA-Tests jetzt blockiert. Auch der im republikanischen Vorwahlkampf engagierte texanische Gouverneur Rick Perry wird die Exekution nicht aufschieben. Der demokratische texanische Senator Rodney Ellis hält diese Blockade für absurd: "Der gesunde Menschenverstand schreit doch nach einem solchen Test", sagte Ellis, der sich seit Jahren für bessere DNA-Tests einsetzt.