Die Bahn hat Spekulationen zurückgewiesen, es gebe Mängel beim Stresstest. Ein entsprechendes Dokument der SMA-Experten sei überholt, hieß es.      

Stuttgart - Der Sprecher des Bahnprojekts Stuttgart-Ulm, Wolfgang Dietrich, hat ein kursierendes Papier des Schweizer Verkehrsgutachterbüros SMA, in dem die Eidgenossen Mängel bei der Durchführung des sogenannten Stresstests aufgelistet haben, als vorläufiges und inzwischen veraltetes Arbeitspapier bezeichnet. Die in dem Bericht zusammengestellten Vorbehalte – etwa die fehlende Einbeziehung verspäteter Züge in die Computersimulation sowie die Notwendigkeit längerer Mindesthaltezeiten an wichtigen Regionalbahnhöfen – seien inzwischen ausgeräumt worden, SMA habe die notwendigen ergänzenden Unterlagen erhalten. „Wenn die Mängel im abschließenden SMA-Gutachten gestanden hätten, hätten wir ein Problem“, räumte der Projektsprecher ein.

 

Zuvor hatte der SWR über das Papier berichtet, das vom 16. Juni datiert, jenem Tag, an dem die Bahn ihre Bewertung der von ihr durchgeführten Fahrplansimulation den Projektpartnern Land, Stadt und Region auf einer Sitzung des Lenkungskreises zum Stresstest in Karlsruhe vorgestellt hatte. Der Bericht ändere nichts an der Einschätzung der Bahn, dass Stuttgart 21 den Stresstest ohne größere zusätzliche Infrastrukturmaßnahmen bestanden habe, so Dietrich. Mit dem in der S-21-Schlichtung Ende vergangenen Jahres verabredeten Verfahren muss die Bahn nachweisen, dass es gelingt, im unterirdischen Tiefbahnhof 30 Prozent mehr Leistungsfähigkeit in den Spitzenstunden als im derzeitigen Kopfbahnhof sicherzustellen, und das bei guter Betriebsqualität. Der von der Bahn berechnete Fahrplan wird seit dem 20. Juni von SMA geprüft, das Testat der Schweizer wird laut Dietrich der Landesregierung am 11. Juli übergeben und soll am 14. Juli im Rathaus von S-21-Schlichter Heiner Geißler öffentlich präsentiert werden.

Geißler hat Barrierefreiheit auf die Agenda gesetzt

Uneinigkeit besteht in der Frage, wie diese Vorstellung ablaufen wird und was sie enthält. Die Grünen, die in der neuen Landesregierung den Mehrheitspart stellen, wollen am 14. Juli auch über Themen wie Notfallpläne für die S-Bahn-Stammstrecke und den Fildertunnel diskutieren, Geißler hat die Barrierefreiheit des geplanten Tiefbahnhofs und den Brandschutz auf die Agenda gesetzt. Die Bahn hat zwar zugesagt, ihre Notfallkonzepte ebenfalls bis zum 11. Juli zu liefern, hält aber eine Debatte darüber angesichts der Komplexität der Materie nicht für machbar. „Das war so auch nicht vereinbart“, erklärte der Projektsprecher am Donnerstag. Vielmehr hätten diese Fragen im noch vom ehemaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) initiierten Dialogforum unter Leitung des Vorstandsvorsitzenden des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Johann-Dietrich Wörner, angesprochen werden können. Die neue Landesregierung habe aber signalisiert, dass sie kein Interesse an dieser Veranstaltung habe, so Dietrich.

Derweil gibt es weiterhin Streit zwischen der Bahn und dem baden-württembergischen Verkehrsminister Winfried Hermann über die Frage, wann und in welchem Umfang der Grünenpolitiker in die bahneigenen Ergebnisse des Stresstests eingeweiht wurde. Dietrich und der Leiter des S-21-Kommunikationsbüros, David Bösinger, betonten am Donnerstag erneut, bei der Sitzung in Karlsruhe am 16. Juni seien sämtliche Ergebnisse der Betriebssimulation vorgestellt worden. Ob dazu auch die Simulation über hundert Tage hinweg gehört, bleibt unklar, im Sitzungsprotokoll jedenfalls findet sich davon nichts. Das Verkehrsministerium habe alle Ausgangsdaten der Bahn vorgelegt bekommen, betont Dietrich. Hermann wiederum soll in einem Hintergrundgespräch mit einem Journalisten gesagt haben, die Bahn werde den Stresstest wohl bestehen. Wenig später klagte er im Fernsehen, der Landesregierung lägen noch keine Materialien zum Stresstest vor. „Diese Aussage ist falsch“, so Dietrich.

Im Hinblick auf den Eilantrag des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim auf einen einstweiligen Baustopp wegen der geplanten doppelt so hohen Entnahme von Grundwasser beim Bau des Tiefbahnhofs gab sich Dietrich betont selbstsicher. Selbst wenn der Planfeststellungsbeschluss für den Tiefbahnhof durch einen entsprechenden Gerichtsentscheid neu aufgerollt werden müsste, werde das Projekt nicht aufzuhalten sein. Dietrich: „Dann ändern wir die Pläne und betonieren wie in Berlin unter Wasser.“