Die EU-Aufsichtsbehörde EIOPA macht bei den europäischen Pensionskassen Finanzierungslücken aus. Auch einigen deutschen Anbietern droht eine Schieflage. Zwar müssen für die Zahlung der versprochenen Betriebsrenten im Zweifel die Unternehmen einstehen. Trotzdem bekommen auch die Beschäftigten die Probleme zu spüren.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Die niedrigen Zinsen gefährden die Finanzierung von Betriebsrenten. Die europäische Aufsichtsbehörde EIOPA teilte am Mittwochabend mit, die Verpflichtungen europäischer Pensionskassen und Pensionsfonds seien nicht vollständig gedeckt. Die von der Behörde untersuchten deutschen Anbieter verfügen im Schnitt zwar über genug Kapitalanlagen, um ihre Auszahlungspflichten zu erfüllen. Bei einzelnen Einrichtungen sieht die deutsche Aufsichtsbehörde Bafin aber schon länger Probleme. Ähnlich wie die Versicherungsbranche leiden auch Pensionskassen unter dem Problem, auf Altverträge hohe Zinszahlungen versprochen zu haben, denen heute geringe Einnahmen gegenüberstehen.

 

Er fürchte, dass es „in den nächsten Jahren bei einigen Pensionskassen zu Schieflagen kommen könnte“, erklärte der zuständige Bafin-Exekutivdirektor Frank Grund. Die Unternehmen, die klamme Pensionskassen für die betriebliche Altersversorgung ihrer Mitarbeiter nutzten, sollten daher Geld nachschießen. Pensionskassen werden oft von mehreren Unternehmen gemeinsam oder auch von Verbänden genutzt. In solchen Fällen sei die Zuführung von Mitteln „oft mit komplexen Fragen verbunden“ und sollte zeitig in Angriff genommen werden, mahnt die Bafin.

Bei Problemen der Kasse müssen Arbeitgeber einspringen

Die Behörde nennt ihre Sorgenkinder nicht. Nach einem ersten Warnschuss der Bafin im vergangenen Jahr haben einzelne Pensionskassen aber bereits Sparmaßnahmen ergriffen: So beschloss die größte unter ihnen, die Versorgungskasse des Bankgewerbes (BVV), eine Verschlechterung für hochverzinste Altverträge. Für die ab Januar dieses Jahres eingezahlten Beiträge verschlechtert sich das Verhältnis zur späteren Auszahlung.

Allerdings garantieren Unternehmen ihren Mitarbeitern gewöhnlich eine Betriebsrente in einer bestimmten Höhe. Um deren Erhalt müssten die Arbeitnehmer in der Regel nicht bangen, sagt Volker Meusers von der Unternehmensberatung Willis Towers Watson. „Wenn eine Pensionskasse die zugesagte Leistung nicht erbringt, muss der Arbeitgeber einspringen.“

Ein Problem ist die Finanzierung von Betriebsrenten damit zuvörderst für die Unternehmen – egal, ob sie die Altersvorsorge über eine Pensionskasse oder auf anderem Weg organisieren. Das zeigt sich an den seit Jahren steigenden Pensionsverpflichtungen der Unternehmen: Bei den 30 im deutschen Aktienindex Dax gelisteten Konzernen erreichten sie laut einer Modellrechnung von Willis Towers Watson zur Jahresmitte 381 Milliarden Euro.

Sinkende Überschussbeteiligung schmälert die Gesamtleistung

Sollte ein Unternehmen seine Verpflichtungen eines Tages nicht erfüllen können, springt der Pensions-Sicherungs-Verein ein. Egal können die Probleme bei der Finanzierung der Altersvorsorge den Beschäftigten trotzdem nicht sein: Zum einen reduzieren Pensionskassen und Versicherungen wegen der niedrigen Zinsen die sogenannte Überschussbeteiligung. Denn was über die bei Vertragsabschluss vereinbarte Garantieverzinsung hinaus erwirtschaftet wird, verwenden viele Pensionskassen derzeit zur Verstärkung der Sicherheiten. „Insgesamt verschlechtern sich die Leistungen der Kassen also durchaus zu den Werten, die im Vergleich vor der Niedrigzinsphase geplant wurden“, sagt Meusers.

Hinzu kommt: Weil die Belastung der Unternehmen durch die betriebliche Altersvorsorge steigen, könnte sich in Zukunft eine für Arbeitnehmer weniger attraktive Variante durchsetzen. Das im Sommer verabschiedete „Betriebsrentenstärkungsgesetz“ gestattet den Arbeitgebern, anstelle einer Betriebsrente in einer bestimmten Höhe nur noch die sichere Verwahrung der eingezahlten Beiträge zu garantieren. Vermehrt sich das eingezahlte Geld – etwa wegen niedriger Zinsen – bis zum Renteneintritt nicht wie erhofft, so haben die Arbeitnehmer eben Pech gehabt.

Die Politik will mit dieser Reform mehr Unternehmen dazu bewegen, überhaupt eine Betriebsrente anzubieten. Laut dem Alterssicherungsbericht der Bundesregierung haben derzeit gut 20 Millionen Bürger Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung, dies entspreche 57 Prozent der abhängig Beschäftigten. Wie stark sich die reine Beitragszusage tatsächlich durchsetzen wird, wird nach Einschätzung Meusers allerdings auch von den Gewerkschaften abhängen. Denn die Einführung dieser neuen Variante der Betriebsrente ist nur mit Einverständnis beider Tarifparteien möglich.