Die amerikanischen Banken haben in einem Stresstest der US-Notenbank gut abgeschnitten. Doch die europäischen Institute leiden heute noch unter der Finanzkrise.

Sutttgart - Fünf Jahre nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers ist die Wall Street gegen neue Stürme gewappnet: Im jüngsten Stresstest der US-Notenbank Federal Reserve erwiesen sich 29 der 30 wichtigsten Geldhäuser des Landes als krisenfest. Lediglich eine Regionalbank aus Utah, Zions Bancorp, fiel durch. Bei dem Test wurde das Szenario einer Wirtschaftskrise mit steigender Arbeitslosigkeit, einem Börsencrash und einem Einbruch der Hauspreise auf das Niveau von 2001 durchgespielt. Unter diesen Bedingungen fiel das Kernkapital der getesteten Banken im Schnitt auf 7,5 Prozent, es blieb damit deutlich über dem von der Fed festgelegten Mindestwert von fünf Prozent.

 

Die US-Notenbank sprach von einer „breit angelegten Verbesserung seit der Finanzkrise“. Falls es erneut zu einer schweren Rezession kommen sollte, wären die Institute „besser aufgestellt, als sie es vor fünf Jahren waren“. Im Gefolge der Lehman-Pleite im Herbst 2008 hatten die Fed und das US-Finanzministerium Branchenriesen wie die Citigroup und die Bank of America mit Milliardenhilfen vor dem Zusammenbruch bewahren müssen.

Wie weit sich die europäischen Banken von der weltweiten Finanzkrise und dem darauf folgenden Schuldendrama in der Währungsunion erholt haben, wird sich im Herbst zeigen: Die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bankenaufsichtsbehörde EBA bereiten derzeit einen Stresstest vor, dessen Ergebnisse im Oktober veröffentlicht werden sollen.

Commerzbank-Chef Martin Blessing, dessen Haus in der Finanzkrise teilverstaatlicht werden musste, sieht dem Test gelassen entgegen: „Eine materielle Abweichung von unserer Prognose erwarten wir daraus nicht“, heißt es in dem am Freitag veröffentlichten Geschäftsbericht der Bank. Auch krisengeschüttelte Landesbanken wie die HSH Nordbank werden die Prüfung nach Einschätzung des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) problemlos bestehen: „Die Geldinstitute unserer Gruppe sind gut gerüstet“, sagte Verbandspräsident Georg Fahrenschon diese Woche in Frankfurt.

US-Banken gestärkt, europäische Institute belastet

Der Blick auf Geschäftsergebnisse und Aktienkurse dies- und jenseits des Atlantiks macht allerdings deutlich, dass die Folgen der Krise den europäischen Instituten noch immer schwer zu schaffen machen – während die US-Banken gestärkt aus dem Debakel hervorgingen. Die Gewinne der amerikanischen Institute erreichten im vergangenen Jahr mit insgesamt 154,7 Milliarden Dollar ein Rekordniveau. In Europa dagegen fielen die Ergebnisse vieler großer Banken schwach aus: Die Commerzbank verdiente 2013 unter dem Strich nur 78 Millionen Euro. Die Deutsche Bank konnte ihr Ergebnis gegenüber dem Vorjahr zwar verdreifachen, mit 1,1 Milliarden Euro blieb der Überschuss aber weit hinter den Gewinnen früherer Jahre zurück. Noch schlechter sah es in den Krisenstaaten der Eurozone aus: Der italienische Branchenprimus Unicredit verbuchte 2013 einen Verlust von 14 Milliarden Euro.

Dieser Verlust wie auch die schwachen Ergebnisse anderer Banken sind allerdings teilweise Aufräumarbeiten geschuldet – die Banken bauen Risiken ab. Diesen Prozess haben nach Einschätzung des Branchenexperten Jan Schildbach von der Deutschen Bank viele US-Institute schon hinter sich. Sie hätten schon in den Jahren 2008 bis 2010 durch ein „aggressiveres Bilden von Rückstellungen“ für Verluste vorgesorgt, schrieb Schildbach Ende vergangenen Jahres in einer Analyse.

Geholfen habe den US-Banken auch die stetige Erholung der Konjunktur ab 2010, während weite Teile Europas nach einer kurzen Atempause durch die Schuldenkrise in die Rezession zurückfielen. Als dritten Treiber der vergleichsweise schnellen Gesundung der Wall Street nennt Schildbach die US-Notenbank: Sie lockerte ihre Geldpolitik weitaus stärker als die Europäische Zentralbank (EZB). Die europäischen Währungshüter haben weniger Spielraum – erstens aufgrund ihres Mandats, zweitens wegen des Streits zwischen finanzstarken Eurostaaten wie Deutschland und Schuldensündern wie Griechenland.

Gesundheitscheck
Die US-Notenbank prüft die größten Geldhäuser des Landes seit 2009 einmal jährlich auf Herz und Nieren. Dazu wird durchgespielt, wie sich verschiedene Krisenszenarien auf die Bankbilanzen auswirken. Am besten schnitten im aktuellen Test die Kreditinstitute Bankof New York Mellon, Discover Financial Services und State Street ab. Die Regionalbank Zions Bancorp fiel durch.

EU-Stresstest
Auch die Europäische Zentralbank durchleuchtet derzeit die Bilanzen großer Geldhäuser. Der eigentliche Stresstest – also die Anwendung eines Krisenszenarios – folgt im Sommer in Zusammenarbeit mit der Bankenaufsichtsbehörde EBA. Die Ergebnisse der 124 getesteten Banken sollen Ende Oktober veröffentlicht werden. Darunter sind 24 deutsche Kreditinstitute.

Messlatte
Entscheidend für das Testergebnis ist die Kernkapitalquote der Banken.Sie setzt hartes Eigenkapital wie Aktien und einbehaltene Gewinne ins Verhältnis zuden Risiken, die etwa bei der Kreditvergabe eingegangen werden. Beim EU-Stresstest darf die Quote im Krisenszenario nicht unter 5,5 Prozent fallen. Beim jüngsten US-Test setzte die Fed den Schwellenwert auf fünf Prozent fest.