Weil er gegen den offiziellen CDU-Kandidaten antritt, soll Siegfried Kauder die Partei verlassen. Doch diesem Rat von Landeschef Strobl will der Bruder des Fraktionschefs nicht folgen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Der Konflikt zwischen dem CDU-Bundestagsabgeordneten Siegfried Kauder und seiner Partei spitzt sich zu. Weil der Bruder des Unionsfraktionschefs im Bundestag in Villingen-Schwenningen gegen den offiziellen CDU-Kandidaten antreten will, hat ihm der Landesparteichef Thomas Strobl den Austritt nahegelegt. Nur als unabhängiger Bewerber könne er dem ansonsten unvermeidlichen Ausschlussverfahren entgehen, sagte Strobl vor Journalisten. Der 62-jährige Kauder will jedoch CDU-Mitglied bleiben. „Sollte es ein Ausschlussverfahren geben, werde ich mich diesem natürlich stellen“, sagte er der Deutschen Presseagentur.

 

Kauder war vor acht Monaten bei dem Versuch gescheitert, wieder als CDU-Bundestagskandidat für die Wahl am 22. September nominiert zu werden. Statt dessen wählten die Mitglieder den Donaueschinger Oberbürgermeister und CDU-Vizelandeschef Thorsten Frei, der erst kurz zuvor als OB bestätigt worden war. Der seit 2002 amtierende Abgeordnete Kauder kündigte daraufhin eine unabhängige Kandidatur an. Die dafür notwendigen 200 Unterschriften hat er inzwischen eingereicht, wie das Landratsamt des Schwarzwald-Baar-Kreises bestätigte. Es seien sogar 300 Unterschriften gewesen, „deutlich mehr als erwartet“, sagte der Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses der dpa. Er habe sehr viel Zuspruch erhalten.

Ausschlussverfahren würde länger dauern

Der CDU-Landeschef Strobl nannte es Kauders „gutes Recht, dass er als Einzelbewerber antritt“. Eine andere Frage sei, ob er dies als CDU-Mitglied tun müsse und solle. Die Parteisatzung sehe in diesem Fall eine „sehr klare Konsequenz“ vor: Es handele sich um „den klassischen, den typischen Grund für einen Parteiausschluss“. Einem Ausschlussverfahren könne Kauder jedoch zuvorkommen, wenn er die CDU von sich aus verlasse, sagte Strobl. Es spreche manches dafür, als parteiunabhängiger Kandidat anzutreten. Der CDU-Kreisverband Schwarzwald-Baar werde noch diese Woche über die parteiinterne Konkurrenz beraten. Ein Ausschlussverfahren ließe sich vor der Bundestagswahl wohl nicht mehr rechtskräftig abschließen, zumal gegen eine Entscheidung auch Rechtsmittel eingelegt werden könnten. Mehrere CDU-Größen sollen versucht haben, Kauder von einer Kandidatur abzubringen, darunter auch sein Bruder – jedoch ohne Erfolg.

Weder Strobl noch der CDU-Fraktionschef Peter Hauk konnten auf Anhieb sagen, wann es in der Südwest-CDU zuletzt ein Ausschlussverfahren gab. Anfang 2009, noch unter dem Landeschef Günther Oettinger, war ein solches gegen den Cheflobbyisten der Wasserkraftwerke im Land angekündigt worden, nachdem dieser den Nazigegner Bonhoeffer als „Landesverräter“ geschmäht hatte. Der Funktionär kam dem Ausschluss jedoch durch seinen Parteiaustritt zuvor.

CDU gegen CDU – doch der Parteichef freut sich

Nicht äußern wollte sich Strobl zu der Frage, ob Thorsten Frei mit seiner Kandidatur für den Bundestag nicht das Vertrauen der Wähler in Donaueschingen enttäusche. Diese hatten ihn erst im September 2012 mit 99 Prozent als OB bestätigt – ein Amt, dass er für das Mandat aufgeben müsste. Ob Frey im Bundestag mehr als in der Kommunalpolitik benötigt werde, wollte Strobl ebenfalls nicht bewerten; die CDU habe ihn jedenfalls „mit großer Mehrheit nominiert“.

Zur Oberbürgermeisterwahl in Singen, wo ein CDU-Herausforderer den CDU-Amtsinhaber besiegt hatte, äußerte sich der Landesparteichef nur knapp: Man freue sich immer, wenn ein Parteimitglied gewinne. Er werde dem neuen OB Bernd Häusler alsbald gratulieren.

Strobl will im Herbst wieder kandidieren

Strobl kündigte an, bei einem CDU-Landesparteitag am 14. September in Heilbronn erneut für den Landesvorsitz zu kandidieren. Zu einem möglichen Gegenkandidaten „oder einer Mitbewerberin“ sagte er: „Ich nehme es so, wie es kommt.“ Der Nachfolger von Stefan Mappus stellt sich nach zwei Jahren erstmals zur Wiederwahl. Zu dem mitgliederoffenen Parteitag wird auch Bundeskanzlerin Angela Merkel erwartet.