Innenminister Thomas Strobl hat die Torwiesenschule in Stuttgart-Heslach besucht und sich mit Eltern behinderter Kinder unterhalten.

S-Süd - Thomas Strobl (CDU) ist Landesminister für Inneres, Digitalisierung und Migration. Schulbesuche gehören daher eigentlich nicht zu seinem Kerngeschäft. Seine Visite in der von der Diakonie Stetten betriebenen Torwiesenschule in Heslach kam denn auch auf eher unorthodoxe Weise zustande. Bei einem Termin im Staatsministerium hatte er die Realschulleiterin Sabine Aab kennengelernt und ihr spontan zugesagt, sich das inklusive Konzept einmal vor Ort anzusehen.

 

„Ich bin altmodisch, wenn ich etwas zusage, halte ich mich auch daran“, sagte Strobl. Zunächst stand ein Unterrichtsbesuch in einer 7. Klasse auf dem Programm, wo sich Strobl anhörte, wie inklusiver Schulunterricht funktioniert. Den Unterricht gestalten Lehrerteams, Kinder mit und ohne Handicap lernen phasenweise zusammen, phasenweise bearbeiten sie separate Stoffe. Die Kinder freuten sich über den Minister-Besuch, ließen sich aber auch nicht über Gebühr beeindrucken. „Die Kinder haben konzentriert weitergearbeitet“, stellte Sabine Aab fest.

Vor- und auch Nachteile angesprochen

Nach dem knapp 20 Minuten dauernden Besuch nahm sich der Politiker noch Zeit für Fotos. Viel zu lernen gab es für den Minister im Anschluss. Eine Gesprächsrunde mit Eltern von Kindern mit Handicap stand auf dem Programm. Als besonders engagiert und motiviert bezeichnete die Schulleitung die Elternschaft der Torwiesenschule. Anna Lind-Neider, Caroline Lämmlein und Axel Lankenau sprachen dementsprechend offen über die Vorzüge der Schule, hatten aber auch keinerlei Scheu, Dinge anzusprechen, die ihrer Ansicht nach besser werden könnten.

So findet Axel Lankenau die Außendarstellung inklusiver Einrichtungen noch verbesserungswürdig. Der Vater zweier schwerbehinderter Söhne sagte, man müsse die positiven Aspekte für Regelschüler noch viel stärker hervorheben. Denn die profitierten auch im späteren Leben noch ganz immens von der Erfahrung des täglichen Zusammenlebens mit behinderten Altersgenossen. So werde doch gerade in der Arbeitswelt als ganz zentraler Wert propagiert, alle Menschen miteinzubeziehen, unabhängig ihrer Talente und Fähigkeiten. „Das kennen Sie doch selbst auch, Sie müssen ja auch alle Fraktionen mitnehmen“, so der Vater an Strobl gerichtet.

Hoffnung auf das Teilhabegesetz

Anna Lind-Neider beklagte eingefahrene Berufsperspektiven für Behinderte. Auch außerhalb der Tätigkeit in einer Werkstatt gebe es nämlich kreative Lösungen, doch die würden noch zu selten gesehen. In Werkstätten fühlten sich viele Menschen mit Handicap wohl, für andere seien sie jedoch überhaupt nichts. Das liege jedoch hauptsächlich am „Drumherum“, sagte Rainer Hinzen, Pfarrer und Vorstandsvorsitzender der Diakonie Stetten. So sähen Arbeitsagenturen oft die Werkstatt als einzige Möglichkeit für Behinderte, und viele Unternehmen stellten keine entsprechenden Arbeitsplätze zur Verfügung. Doch das Bundesteilhabegesetz sehe hier Änderungen vor und mache Hoffnung für die Zukunft, so Hinzen.

Aus Sicht von Caroline Lämmlein müsste es insgesamt mehr Inklusionsangebote geben. So könne ihre Tochter eine Schule in fünf Gehminuten nicht besuchen, weil es kein entsprechendes Angebot gibt – zur Torwiesenschule braucht sie 40 Minuten mit dem Bus. Da gehe viel Lebenszeit verloren. Das Angebot der Torwiesenschule und das Eintauchen in die Lebenswelten der Eltern machte sichtbar Eindruck auf Thomas Strobl. Nach dem Fachgespräch mit der Schulleitung bescheinigte er der Einrichtung gar, Avantgarde zu sein, was deren Vertreter amüsiert zur Kenntnis nahmen. Bevor es im eng getakteten Terminablauf weiterging, zollte er den Beteiligten Respekt: „Es ist toll, was Sie hier machen, und es ist sicher nicht immer einfach.“