In den Disput der Strohgäubahn-Betreiber mit den Anwohnern hat sich nun das Regierungspräsidium eingeschaltet.

Korntal-Münchingen - Er sei ein alter Eisenbahner, sagt Thomas Herwig. „Ich habe nichts gegen die Strohgäubahn. Aber ich habe etwas dagegen, wenn die Behörden nicht mit offenen Karten spielen.“ Sein Nachbar Stephan Mack, der wie Herwig in Korntal entlang der Strohgäubahn-Strecke lebt, meint: „Es wäre das Beste, wenn sich mal alle an einen Tisch setzen würden.“ Zunächst jedoch treffen sich alle vor Gericht wieder.

 

Der Streit des Bahnanrainers Herwig mit dem Bahnbetreiber, dem Zweckverband Strohgäubahn – hier haben sich Kommunen und der Landkreis zusammengeschlossen – schwelt seit Jahren. Herwig war vor das Verwaltungsgericht gezogen, um einen aktiven Lärmschutz einzufordern. Er unterlag – vorerst. Doch später kassierte das Bundesverwaltungsgericht das Urteil der Mannheimer Richter, die den Fall nun neu aufrollen müssen. Die Verhandlung findet Ende September statt.

Regierungspräsidium schaltet sich ein

Dabei ist der Lärmschutz unmittelbar entlang seines Grundstücks längst nicht mehr der einzige Kritikpunkt, den Herwig vorbringt. Er hält dem Zweckverband vor, früh morgens und spät abends ohne Erlaubnis zu fahren. Früh morgens, wenn das Bähnle nach Hemmingen aufbricht, um von dort seine erste reguläre Fahrt zu starten. Und spät abends, wenn es von Hemmingen in sein Korntaler Nachtquartier zurückfährt. Zwar sind diese beiden Fahrten im offiziellen Fahrplan enthalten – ein zusätzlicher Lärmschutz ist deshalb nicht notwendig. Tatsächlich handle es sich aber um Betriebsfahrten, die sehr wohl einen zusätzlichen Schutz nötig machen, hält Herwig dem Zweckverband vor.

Seine Argumente finden Beachtung. Inzwischen hat sich das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart eingeschaltet und ein weiteres Gutachten angefordert. „Das hat das Ziel, zu prüfen, ob und gegebenenfalls unter welchen Auflagen Vorbereitungsarbeiten und Rangierfahrten zwischen 22 Uhr und 6 Uhr in der Betriebswerkstatt Korntal erfolgen dürfen“, teilt der Sprecher Matthias Kreuzinger mit.

Tatsächlich umfasst die Genehmigung, die das Regierungspräsidium im Jahr 2013 für die Werkstatt erteilt hat, diese Vorbereitungen wie etwa das Rangieren nicht. Schließlich waren diese so nie so geplant. Das Gesamtkonzept der Strohgäubahn sehe vor, „dass die Fahrzeuge über Nacht in Heimerdingen abgestellt werden und der Betrieb von dort startet“ erklärt Kreuzinger. Da der Bahnhof in Heimerdingen aber noch nicht fertig ist, können die Fahrzeuge dort noch nicht abgestellt werden. Darum also die frühe und die späte Fahrt.

Abgeschlossen sind die Bauarbeiten am Heimerdinger Bahnhof noch immer nicht, weil die Genehmigung dafür fehlt. Auch hier hatte der aus Bürgersicht mangelhafte Lärmschutz zu Widerspruch geführt. Für den Zweckverband bedeutet dies: Er kann seine Fahrzeuge nicht in Heimerdingen parken, um von dort früh morgens gleich mit der ersten Fahrt die Pendler in Richtung Stuttgart zu ihren Arbeitsplätzen zu bringen. „Heimerdingen ist als Standort für die Nachtabstellung doch nie ernsthaft angestrebt worden“, sagt jedoch Herwig. Dem Lärmschutz dort gerecht zu werden, sei noch viel schwieriger als in Korntal. Dem widersprechen sowohl das Regierungspräsidium als auch der im Landratsamt angesiedelte Zweckverband. Beide versichern, dass Korntal nur eine Übergangslösung sei.

Messung manipuliert?

Herwig überzeugt das nicht. Er spricht für etliche Anwohner in dem Gebiet Banater Straße, wie Stephan Mack bestätigt. „Wir haben ja Glück, dass er sich so damit befasst.“ Etliche haben sich inzwischen selbst an das RP gewandt. Für die Behörden ist Herwig längst ein rotes Tuch, zumal er auch die jüngsten Untersuchungen massiv kritisiert hat. Für das ergänzende Gutachten, welches das RP eingefordert hat, waren erneute Lärmmessungen notwendig. Diese fanden Anfang Juli statt. Laut Herwig sind die Messungen manipuliert worden: „Die Gleise wurden vor den Messungen mit einem Schmiermittel versehen, um das extrem laute Quietschen in den Kurven am Wohngebiet Banaterstraße für die Dauer der Messungen auszuschalten“, sagt Herwig. Er hatte eine Wischprobe von den Gleisen genommen und führt diese als Beweis an. Normalerweise, sagt er, sind bei trockener Witterung Spitzenpegel über 80 Dezibel zu verzeichnen. Ohne das Quietschen dürfte der Spitzenpegel bei maximal 65 Dezibel liegen, was mehr als eine Halbierung des Lärms bedeutet.

Das Landratsamt widerspricht Herwig: „Die Gleise wurden vorher nicht geschmiert“, sagt der Sprecher Andreas Fritz. In rund zwei Wochen soll das Gutachten laut dem RP vorliegen.

Die Ditzinger gehören zwar dem Zweckverband an. Insofern sind auch sie von dem Streit betroffen. Doch für sie ist vor allem wichtig, dass die Strohgäubahn demnächst wieder nach Heimerdingen fährt. Während der Instandsetzung der Strecke war der Ditzinger Ortsteil monatelang abgehängt. Mitte Oktober soll es dann so weit sein. „Wir sind erfreut, dass die Strohgäubahn dann richtig in Heimerdingen ankommt“, sagt der Rathaussprecher Guido Braun.