Der Gemeinderat segnet am Donnerstag die Kooperation von EnBW und Stadtwerken bei neun Gegenstimmen ab. Etwa zwei Dutzend Bürger haben den Stadträten vor dem Rathaus bei einer Demonstration noch einmal lautstark mitgeteilt, was sie von der neuen Kooperation halten.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgar - Etwa zwei Dutzend Bürger haben den Stadträten am Donnerstag vor dem Rathaus bei einer Demonstration noch einmal lautstark mitgeteilt, was sie von der neuen Kooperation von EnBW und Stadtwerken beim Strom- und Gasnetz halten: nämlich nichts. Geholfen hat es nicht: Der Gemeinderat hat sich mehrheitlich für die Kooperation entschieden. Nur die acht Stadträte der Fraktionsgemeinschaft von SÖS, Linken, Piraten und Studentischer Liste sowie der Einzelstadtrat der Stadtisten stimmten gegen die Kooperation.

 

OB Fritz Kuhn (Grüne) machte in seiner Rede deutlich, dass es sich um eine sehr gut überlegte und lange gereifte Entscheidung handele – von einem übereilten Beschluss ohne ausreichende Informationen, wie Kritiker dem Gemeinderat vorwerfen, könne keine Rede sein. Bürgermeister Michael Föll (CDU) sprach von einem guten Ergebnis: Man habe in der kurzen Zeit von fünf Jahren das Sagen bei den Netzen; bei wichtigen Investitionen spreche die Stadt sofort mit.

Das Modell sieht vor, dass die Stadt in der Eigentumsgesellschaft gleich 74,9 Prozent der Anteile hält, in der Betreibergesellschaft sind es nur 24,9 Prozent. In den nächsten fünf Jahren stellt die EnBW zwei Geschäftsführer, die Stadtwerke einen. Insgesamt bezahlt die Stadt 158 Millionen Euro für die Anteile. Hinzu kommen 26,7 Millionen Euro an Zahlungen direkt an die EnBW für den Aufbau der Netzgesellschaft. Michael Föll betonte, dass dies ein „angemessener Preis“ sei, denn die EnBW müsse in der Anfangszeit die Verluste der Betriebsgesellschaft in zweistelliger Millionenhöhe übernehmen.

Lukratives Hochspannungsnetz ist ausgeklammert

Ausgeklammert ist allerdings das lukrative Hochspannungsnetz, das die EnBW für sich allein beansprucht. Beim Gasnetz wird es sogar frühestens 2019 zur Übergabe an die gemeinsame Netzgesellschaft kommen, weil es Streit um das Hochdrucknetz gibt. Beide Punkte werden wohl vor Gericht entschieden. Hannes Rockenbauch (SÖS), der am Donnerstag als einziger außer Kuhn nach vorne ans Mikrofon trat und eine lange Grundsatzrede hielt, kritisierte genau dies. Ein Argument für die EnBW sei doch immer gewesen, dass man die Netze schnell und ohne Gerichtsverfahren bekomme: „Beim Gasbetrieb müssen wir fünf Jahre warten, und haben wir uns wirklich einen Streit erspart?“, fragte er.

Daneben bemängelte Rockenbauch, dass die Verträge nicht öffentlich einsehbar seien. In diesem Zusammenhang gab Michael Föll preis, dass dies auf Wunsch der EnBW so gehandhabt werde. Im Übrigen hätten alle Stadträte alle Unterlagen einsehen können, so Föll. Alexander Kotz (CDU) sagte: Mit keinem anderen Thema habe sich der Rat in den vergangenen Jahren so ausführlich beschäftigt. „Wer dem Rat vorwirft, er treffe uninformierte Beschlüsse, der hat keinen Kontakt zum Gemeinderat oder er lügt“, sagte Kotz in Hinblick auf die Kritik von Bürgerinitiativen.

Hannes Rockenbauch erntete heftigen Widerspruch

Hannes Rockenbauch erntete für seine Rede heftigen Widerspruch. Peter Pätzold, der Chef der Grünen-Fraktion, meinte: „Sie sind wie Pippi Langstrumpf – Sie machen sich die Welt, wie Sie ihnen gefällt.“ Über die schwierige rechtliche Lage und die komplexe Materie gehe er einfach hinweg. Bernd Klingler (FDP) sagte, es sei beschämend, wie Rockenbauch die hervorragende Arbeit der EnBW diskreditiere. Die SPD stimmte der Kooperation ebenfalls zu – Stadtrat Dejan Perc betonte aber, dass es bedauerlich sei, dass Stadt und EnBW sich doch vor Gericht streiten müssten: „Da gibt es bei der EnBW noch Spielraum, was den Begriff der Partnerschaft angeht.“ Unterm Strich habe die Stadt aber bald wieder mehr Einfluss auf die Energienetze als vor wenigen Jahren noch erhofft.

Die Alternative für Deutschland war ebenfalls für die Kooperation – Stadtrat Eberhard Brett wollte aber noch erläutert wissen, wie sich die Aufbaukosten von 26,7 Millionen Euro zusammensetzten – dieser Posten sei bisher nicht nachvollziehbar. Der Stadtist Ralph Schertlen stimmte dagegen, weil in dem Verfahren keine Transparenz gegeben gewesen sei.

Einige Häme musste sich Hannes Rockenbauch im Übrigen gefallen lassen, weil er am Mittwoch bei der Vorberatung im Verwaltungsausschuss zu spät geschaltet und aus Versehen für die Kooperation gestimmt hatte. Da sah man am Donnerstag den SÖS-Mann plötzlich ganz kleinlaut.