Noch gibt es in den wenigsten Städten und Gemeinden einen Notfallplan für einen dauerhaften Stromausfall. In Winnenden, Weinstadt und Kernen wird an der Beschaffung von Notstromaggregaten gearbeitet.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)

Ohne Strom mussten Haushalte und Unternehmen in Deutschland bisher vergleichsweise selten auskommen. Die statistisch errechnete Stromausfall-Quote liegt im bundesweiten Durchschnitt bei gerade mal 22 Minuten pro Jahr. Schuld daran, dass ab und an plötzlich das Licht ausgeht, sind in aller Regel defekte Schalter oder verschmorte Kabel im Techniknetz der Energieversorger. Bis das Malheur bei der Elektrik behoben ist, gehen teils durchaus ein paar Stunden ins Land. Von einem Blackout aber, einem über Tage hinweg andauernden Stromausfall, ist die Republik glücklicherweise verschont geblieben.

 

„Die Frage ist nicht ob, sondern wann und wo“, sagt der Feuerwehrchef

Das könnte sich aus Sicht von Städten und Gemeinden allerdings ändern, wenn zu Problemen wie den technischen Spannungsschwankungen im Netz auch noch das Risiko von Sabotage, Cyberangriffen oder auch schlicht Naturgewalten kommt. Unter Stromexperten wird damit gerechnet, dass es in Europa binnen der nächsten fünf Jahre zu einem flächendeckenden Blackout kommt. „Die Frage ist nicht ob, sondern nur wann und wo“, sagt Yosh Dollase, der Chef der Feuerwehr in Winnenden.

Deshalb bereitet sich die knapp 30 000 Einwohner zählende Kommune intern bereits auf den Ernstfall vor. Beschafft werden bis zu 15 Notstromaggregate, die bei einem Ausfall der Stromversorgung wenigstens so viel Energie liefern können, um im Rathaus einen funktionsfähigen Krisenstab einzurichten und städtische Einrichtungen vom Bauhof übers Klärwerk bis zu den drei Feuerwehrhäusern in Betrieb halten zu können.

Baden-Baden hat die Schwachstellen deutlich aufgezeigt

Denn was ein über Stunden andauernder Stromausfall in der Praxis bedeutet, hat sich erst im Juli in Baden-Baden gezeigt: Bei zwei Erdkabeln im Untergrund hatte eine defekte Kontaktstelle die Plastikummantelung zum Schmelzen gebracht, auf einen Schlag gingen durch den Fehler an der 20 000-Volt-Leitung in Teilen der Kurstadt die Lichter aus. Betroffen war zwar nur ein Sechstel der 60 000 Einwohner zählenden Bevölkerung, und nach zehn Stunden hatten die örtlichen Stadtwerke das Problem mit dem Strom wieder im Griff, doch schon während der Reparatur zeigte sich, wo die Fallstricke liegen können. Das auch in Baden-Baden für die Kommunikation zwischen Krisenstab und Feuerwehr wichtige Mobilfunknetz beispielsweise brach binnen einer Viertelstunde zusammen, die Kühlgeräte im Supermarkt funktionierten ebenso wenig wie die Zapfsäulen an der Tankstelle oder das elektronische Bezahlsystem in der Apotheke.

Weder Zapfsäule noch Kühlgerät funktionieren bei Stromausfall

„Wir alle sind mehr denn je vom Strom abhängig“, sagt Stefan Schwarz, Geschäftsführer der Winnender Stadtwerke. Über die Rathaustochter soll die Beschaffung der Notstromaggregate finanziell abgewickelt werden. Die für die Stadt und ihre Teilorte nötige Leistung beziffert der im Februar zum Dezernenten für Finanzen, Ordnungswesen und Feuerwehr gewählte Bürgermeister Jürgen Haas mit drei Megawatt. Etwa fünf Millionen Euro, vielleicht aber auch höhere Beträge, muss die Kommune fürs Maßnahmenpaket gegen den Stromausfall lockermachen.

Denn um eine Mehrzweckhalle zu einem provisorisch mit Strom versorgten Anlaufpunkt für die Bevölkerung zu machen, ist womöglich auch eine Ertüchtigung der Elektrik nötig. Enthalten ist im Blackout-Plan auch die Beschaffung von Piepsern für die interne Kommunikation. Auch die mit einer eigenen Notstromversorgung ausgestatten Standorte in der Stadt wie etwa das Krankenhaus, die Energieversorgung und die Leitstelle wollen registriert sein – und dass es im Bauhof durchaus auch ein paar Generatoren gibt, kam bei einem Pressegespräch am Dienstag eher zufällig zur Sprache.

Hochgerechnet auf den Rems-Murr-Kreis bedeutet das Winnender Vorbild, dass auf die Städte und Gemeinden ein Aufwand von 50 bis 100 Millionen Euro zukommen könnte. Auch Weinstadt macht sich Gedanken über die Beschaffung, in Kernen sollen noch vor dem Winter zwei Notstromaggregate für die Feuerwehrgerätehäuser geliefert werden. Einen Fördertopf für Kommunen, die sich gegen einen Blackout rüsten wollen, haben weder Bund noch Land aufgelegt. „Leider vermissen wir ein schlüssiges Konzept, was wir als Stadt tun sollen“, sagt Jürgen Haas.