In ehemals landwirtschaftlich genutzten Betriebsgebäuden könnten Wohnungen entstehen. Der Nutzungswandel ist schön, aber nicht einfach. Denn die Behörden müssen mitspielen.

Korntal-Münchingen - Warum das Gebäude aus dem Jahr 1780 eine Glocke auf dem Dach hat – Schulterzucken. In dem Fachwerkhaus in der Münchinger Ortsmitte lebte einst der Schultheiß. Wollte er mit der klingenden Glocke den Stadtrat zusammenrufen? Signalisierte der Klang, dass das Essen fertig war, oder musste der Schultheiß eine Glocke haben, weil es im nahen Rathaus auch ein Glockenturm gab?

 

Richard Schaible weiß es nicht. Er lebt heute mit seiner Familie in dem denkmalgeschützten Gebäudeensemble, das im Ort nur „Glöckle“ heißt und das seine Eltern in den 1950er Jahren erworben hatten. Schaible hat die angrenzende Scheune inzwischen ausgebaut. Wo Heu lagerte, entstand eine multifunktional nutzbare Fläche. Vergleichsweise einfach können daraus nun Wohnräume gemacht werden. Doch für den Moment ist es erst einmal genug umgebaut. „Das hat uns Zeit und Nerven gekostet. Und manchmal haben uns auch die Umstände überfordert“, sagt Schaible.

Schäuble zählt nüchtern die Fakten auf, mit Wertungen hält er sich zurück. Der Umbau wurde allseits befürwortet, gleichwohl war die Umgestaltung der Scheune in ein Wohnhaus geprägt vom Ringen mit den Behörden. Mit dem Landesdenkmalamt, dann der örtlichen Baubehörde. Der Teufel steckte im Detail, zunächst im Gebälk.

Wie viele andere einstige Bauerndörfer will Münchingen die Chancen aus dem Strukturwandel nutzen. Immer mehr Landwirte geben ihre Höfe auf, die Wirtschaftsgebäude liegen brach. Zugleich aber fehlt Wohnraum. Vielerorts wird deshalb über eine Umnutzung gesprochen. In Münchingen begannen die Schwierigkeiten des geplanten und genehmigten Umbaus von Schaibles Scheuer damit, dass der Zimmermann feststellte, dass „80 Prozent des Gebälks „so marode war, dass es ausgetauscht werden musste“, erinnert sich der Bauherr. Über dem Stall lagerte einst das zum Teil noch feuchte Heu. Diese Nässe hatte dem Gebälk über die Jahrhunderte zugesetzt. Doch Schaible konnte die Dachbalken weder entfernen – und ein Flachdach draufsetzen – noch ersetzen. Sie waren schließlich denkmalgeschützt. Zunächst, so Schaible, hätte er deshalb ein neues Dach über die Balken setzen sollen. Wie eine Hülle hätte sich dieses dann über das alte Gebälk gestülpt, das ja zusätzlich gesichert werden musste. Schaible lehnte ab, auch des finanziellen Aufwands wegen.

Die Diskussion mit der Denkmalbehörde dauerte, zwei Winter war die Scheune mit Planen abgedeckt. Dann einigte sich Schaible mit der Behörde, er konnte die maroden Balken entfernen und ersetzen.

Die Last lagerte auf dem Boden

Das Landesdenkmalamt sieht die Umstrukturierungen von einst landwirtschaftlich geprägten Dörfern zu Wohnsiedlungen nach eigenem Bekunden „pragmatisch“. Der Wandel sei nicht aufzuhalten. „Scheunen in überkommener Form sind fast immer obsolet geworden, sodass deren unveränderte Erhaltung zwar wünschenswert sein kann, jedoch in aller Regel nicht realistisch ist“, sagt die Behördensprecherin. Eine Umnutzung sei im Vergleich zum Abbruch immer noch die bessere Variante.

Das Landesamt für Denkmalpflege hatte vor vier Jahren unter dem Motto „Scheune sucht Freund“ ein Projekt zur Umnutzung von Scheunen in Niedernhall (Hohenlohekreis) gemacht. Architekturbüros in Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege hatten Ausbauvorschläge für verschiedene neue Nutzungen entwickelt. In Münchingen werden inzwischen mehrere Scheunen auch als Ateliers genutzt. Wie der Vorsitzende des Münchinger Heimatvereins, Ewald Gaukel, berichtet, waren Scheunen nur ein Schutz für das darin gelagerte Heu. Die Last lag auf dem Boden, die Wände mussten kein Gewicht tragen, entsprechend schwach war auch das Fundament. Deshalb könne man Scheunen eben auch nicht einfach ausbauen, erklärte er anlässlich einer Stadtführung am Freitagabend. Ganz abgesehen von der Höhe des Gebäudes: Kleine Scheunen sind bisweilen zu niedrig, um darin Räume mit einer Standardhöhe von mindestens 2,20 Meter zu schaffen. Die Größe einer Scheune eines Bauernhofes repräsentierte einst, wie groß die Landwirtschaft war.

Nach dem Denkmalamt klopft die Baubehörde an

Für Schaible war es mit der Einigung mit dem Denkmalamt nicht getan. Danach klopfte die örtliche Baurechtsbehörde an. Weil die Wände für die neue Dachkonstruktion nicht stark genug waren, mussten sie von unten nach oben mit Beton stabiliert werden. Rechtlich entstand ein Neubau, den sich Schaible genehmigen lassen musste. Wieder verstrich Zeit. Es sei alles korrekt und der Umgang miteinander gut gewesen, sagt er. Doch selbst wenn er sich zwischenzeitlich aus familiären Gründen nicht so intensiv mit dem Projekt befasste, verstrichen letztlich doch fünf Jahre.