Der Student Micky Mehmajit Singh hat einem verblutenden Mann das Leben gerettet. Und dabei seine eigene Gesundheit aufs Spiel gesetzt. Die Stadt hat ihn nun als „Helfer in Not“ geehrt. Es ist eine seltene Auszeichnung.

Stuttgart - Als Micky Mehmajit Singh in den frühen Morgenstunden des 23. Januar einen schwer verletzten, stark aus dem Beinstumpf blutenden Mann im Gleisbett liegen sieht, erfasst er die Situation sofort: Wenn er nichts unternimmt, stirbt der Mann. Der 20-jährige Student setzt einen Notruf ab und wärmt das Opfer mit seiner Winterjacke. Er bindet das linke Bein oberhalb des Knies mit seinem T-Shirt ab, um die Blutung zu stoppen, und harrt mit nacktem Oberkörper aus – in klirrender Kälte bei Temperaturen von minus zwölf Grad. Die Zeit, bis Polizei und Notarzt vor Ort sind, kommt ihm lange vor. Doch zum Glück sind die Helfer schnell vor Ort. Der Schwerverletzte kommt ins Krankenhaus. Die Mediziner sind sich einig: Ohne Singhs Einsatz wäre der Mann gestorben. Er war von der Bahn erfasst und 30 Meter mitgeschleift worden. Weder Fahrgäste noch der Stadtbahnfahrer hatten etwas bemerkt.

 

„Immerhin hatte ja ich noch eine Mütze auf“, sagt Singh, der an der Uni Hohenheim Wirtschaftswissenschaften studiert, am Mittwochabend, einige Monate später, im Rathaus. Dort zeichnet ihn Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (CDU) als „Helfer in Not“ aus. „In der Zeit des Wegschauens ist es nicht normal, so zu handeln“, lobt Schairer den Retter. Als alleiniger Ersthelfer habe Singh die Übersicht bewahrt, die Lage richtig eingeschätzt und dabei sogar seine eigene Gesundheit riskiert.

Erst der vierte „Helfer in Not“ seit Gründung der Stiftung

Bei der Rettung verließ sich Singh sich auf seinen Instinkt: Ein Kurs im Rahmen des Führerscheins sei alles, was er über das Thema Erste Hilfe wisse, so Singh. Über den Anruf der Stadt Stuttgart viele Monate nach dem Vorfall sei er überrascht gewesen. „Aber ich finde es natürlich gut, dass so etwas auch ausgezeichnet wird“, sagt der gebürtige Mannheimer.

Die „Stiftung einer Auszeichnung für besonderen Einsatz bei der Abwehr von Gefahren für Leib und Leben von Menschen“ – kurz „Helfer in Not“ – gibt es bereits seit 1996. In den 21 Jahren seit der Gründung gab es erst drei „Helfer in Not“, Micky Mehmajit Singh ist der vierte. Nicht jede Rettungsaktion könne man auszeichnen, sagt Regina Berndt vom Amt für öffentliche Ordnung, die die Fälle prüft. Im aktuellen Fall hätten viele Faktoren für die Ehrung gesprochen. Die äußeren Umstände zum Beispiel. „Es war nachts, Herr Singh war allein. Er konnte zum Beispiel nicht wissen, ob das Wimmern kein Vorwand für einen Überfall ist“, erklärt Regina Berndt. Das entscheidende Kriterium hat Singh ohne Zweifel erfüllt: seine Tat hat dem Opfer das Leben gerettet.

Der Mann habe sich bislang nicht bei ihm gemeldet, berichtet Singh. Doch habe er gehört, dass es ihm den Umständen entsprechend gut gehe.