Oft gibt es auf Plätzen wie dem Akademiehof in Ludwigsburg Stress. Ein VGH-Urteil von 2009 hat aber Alkoholverbote untersagt – jetzt ist es wieder möglich. Studenten haben ausgearbeitet, wie es geht.

Ludwigsburg - Der EU-Kommissar ist begeistert. „Das ist super. Vorbildlich. Damit haben Sie sich als künftige Amtsleiterin qualifiziert. Schicken Sie das Herrn Strobl“, sagt Günther Oettinger in dem im eigenen Schnellsprech. Er meint eine Studie von Studenten, die demnächst auf dem Schreibtisch der meisten Bürgermeister in Baden-Württemberg liegen könnte.

 

Darin geht es um ein brandaktuelles Thema: Alkoholverbote auf öffentlichen Plätzen. Die Stadt Freiburg ist 2008 vorgeprescht – und wurde 2009 vom Verwaltungsgerichtshof Mannheim gestoppt. Seit vorigem Dezember gibt es ein neues Polizeigesetz im Land, das Verbote wieder ermöglicht. Genau zu diesem Zeitpunkt haben die Studenten der Hochschule für Verwaltung und Finanzen unter Albrecht Rittmann das Thema aufgegriffen. Am Beispiel des Akademiehofs in Ludwigsburg, an dem an sonnigen Samstagabenden gerne mal 600 Jugendliche feiern – und wo es immer wieder Probleme gab.

Alkoholverbote sind schwer umzusetzen

Die Studenten haben sogar eine Mustersatzung entworfen. „Viele Kommunen haben großes Interesse angemeldet“, berichtet die Studentin Theresa Büchner. Doch die Hürden für ein Alkoholverbot sind hoch. Die neue Gesetzeslage wurde in den Leitfaden eingearbeitet: Es müssen in einem Jahr 100 Straftaten in Zusammenhang mit Alkohol nachgewiesen werden, und das an einem Platz, an dem sich mindestens 100 Personen regelmäßig aufgehalten haben.

Nun ist der Akademiehof zweifellos ein Brennpunkt, auch das haben die Studenten statistisch erfasst: Immer wieder kommt es zu Konflikten, es gibt Geschrei, laute Musik und Schlägereien. Voriges Jahr war der kommunale Ordnungsdienst 214 Mal dort und musste 91 Mal eingreifen, 50 Platzverweise sprach er aus. „Es fehlt aber bislang an einer durchgehenden Statistik“, erklärt die Studentin Claudia Hornek. Das wäre notwendig für ein Alkoholverbot, das vor Gericht Bestand hat. Zudem müsste nachgewiesen werden, dass ein Verbot zu weniger Straftaten führt.

Ludwigsburg plant kein Verbot – derzeit

Ganz genau zugehört hat bei der Präsentation der Studie nicht nur der EU-Kommissar Oettinger als Gast, sondern der Ludwigsburger Oberbürgermeister Werner Spec. „Es gibt keine aktuelle Planung für ein Verbot“, sagt er, „aber wenn es im Sommer über einen längeren Zeitraum Probleme gibt, könnte es sein, dass wir handeln müssen.“ Das gelte auch für den Bahnhof, an dem es im Vorfeld von Großveranstaltungen oft zu Belästigungen durch betrunkene Besucher komme. Auch Gudrun Heute-Bluhm, die Geschäftsführerin des Städtetags im Land und ehemalige OB von Lörrach, ist begeistert von der Arbeit der Studenten: „Das kommt zum richtigen Zeitpunkt.“ Alle Kommunen hätten nach dem VGH-Urteil von 2009 ihre Pläne auf Eis gelegt und warteten erst einmal ab.

Der Leitfaden der Studenten sei ein neuer Ansatz. Allerdings müssten die Zahlen noch für kleinere Kommunen angepasst werden: „In einer Gemeinde mit 2000 Einwohnern kann der Schwellenwert sicher nicht bei 100 Personen und 100 Straftaten liegen.“ Die Studenten haben sich nicht nur auf das Verbot konzentriert, sondern auch weitere Vorschläge entwickelt. „Ein Mix aus Prävention und Streetwork ist wichtig“, sagt Theresa Büchner. Das habe in Ludwigsburg auch bereits zur Entspannung der Lage beigetragen.

Kontrollierte Zonen zum Trinken?

Zumal ein Verbot an einem Platz wie dem Akademiehof dazu beitragen könnte, dass sich Trinkgelage auf die Bärenwiese verlagern könnten. Daher hat der Student Sascha Haus eine Idee des „kontrollierten Konsums“ entwickelt: „Man könnte einen abgeschotteten Bereich schaffen, in denen die Jugendlichen Alkohol konsumieren, ohne über die Stränge zu schlagen.“ Die Idee trägt den schönen Titel „Haus der aufgehenden Sonne“. Der Hochschulrektor Wolfgang Ernst beeilt sich aber klarzustellen: „Wir empfehlen jetzt nicht, Holzhütten zum Trinken zu errichten.“

Eine Erkenntnis der jungen Verwaltungsaspiranten dürfte der Landespolitik nicht gefallen: Mit dem neuen Polizeigesetz wurde das nächtliche Verkaufsverbot von Alkohol an Tankstellen aufgehoben. „Durch das Verbot ist die Zahl der Straftaten in Ludwigsburg von 69 auf sechs zurückgegangen“, sagt Achim Rittmann, „daher war das keine gute Idee.“