Viele Tierbesitzer glauben: Wenn er das Haus verlassen hat, wandelt sich der Schmusekater zum Raubtier. Aber stimmt das auch? Forscher in Norwegen haben nachgeschaut.

Ein Forscherteam um Richard Bischoff von der Universität für Umwelt- und Biowissenschaften in Oslo ist mit GPS-Sendern und Kameras in einen Vorort der norwegischen Hauptstadt gegangen, um dort die Laufwege von 92 Katzen zu studieren. Die Tiere wurden allesamt von ihren Besitzern versorgt, so dass sie nicht aufs Jagen angewiesen waren. Und mit Ausnahme von zwei waren sie sterilisiert, was ja obwohl es im Unterschied zur Kastration keinen Einfluss auf den Hormonhaushalt hat – bekanntermaßen den Bewegungsdrang deutlich einschränkt.

 

Nichtsdestoweniger waren die Forscher am Ende überrascht, wie kurz die Wege der Samtpfoten waren. „Einige Exemplare liefen relativ weit weg, aber das waren die Ausnahmen“, berichtet Bischof. Im Durchschnitt verbrachten die Katzen 79 Prozent ihrer Zeit nicht weiter als 50 Meter von ihrem Zuhause entfernt. Das reicht – und das gilt nicht nur für eine norwegischen Kleinstadt – in der Regel allenfalls für einen Besuch beim Nachbarn, mehr nicht. Die Tiere erreichten im Durchschnitt eine Maximalentfernung von 352 Metern, und auch die wurde überwiegend in bewohntem Gebiet zurückgelegt und nicht in der Natur.

In der Regel eher Stubentiger als Streuner

Die Ausflüge dorthin gingen überwiegend auf das Konto von gerade mal zehn Prozent der Tiere. Das weitläufige Umherstreunen in unbekannten Gefilden obliegt also offenbar einer kleinen Miezen-Elite, während der Gros der Tiere eher seinem Ruf als Stubentiger gerecht wird.

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Nicht analysiert wurde in der Studie, was die Katzen eigentlich auf ihrem Außendienst unternehmen. In einer anderen, in den USA durchgeführten Erhebung gingen dabei 50 bis 80 Prozent von ihnen auf die Jagd – und das, obwohl in der Regel ein gefüllter Fressnapf zu Hause auf sie wartete.

Ob man das auch auf die norwegischen Tiere übertragen kann, ist unklar. Deren Bewegungsprotokolle lassen allerdings eher vermuten, dass sie draußen überwiegend dasselbe tun wie drinnen: nämlich ausruhen und dösen.

Je kleiner der Aktionsradius, desto weniger Konflikte

Wie überhaupt berücksichtigt werden muss, wo die Katzen leben. „Da gibt es große regionale Unterschiede, was ihren Expansionsdrang angeht“, betont Bischof. So drängt es Katzen in ländlichen Gebieten mehr in die Ferne als ihre städtischen Pendants. Was aber generell gilt: Je kleiner der Aktionsradius, desto weniger Konflikte gibt es zwischen einzelnen Exemplaren, weil es seltener zur Revierüberschneidung kommt.

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Wenn also auch für andere Katzen wie die norwegischen gilt, dass sie eher bescheiden in ihrem Bewegungsradius sind, müsste es unter ihnen eigentlich viel friedlicher zugehen, als weithin vermutet wird. Demnach wäre also der Kater, der zerzaust und mit abgebissener Ohrspitze nach Hause kommt, eher die Ausnahme als die Regel.