Studie Das Erbe wird noch größer als bisher gedacht

Statt 300 Milliarden Euro werden möglicherweiseweise sogar 400 Milliarden Euro pro Jahr in Deutschland vererbt, schätzt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung.
Frankfurt - In Deutschland wird einer Studie zufolge deutlich mehr Vermögen vererbt als bislang angenommen. Das Volumen betrage zwischen 2012 und 2027 durchschnittlich bis zu 400 Milliarden Euro pro Jahr. Das meinen zumindest die Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Bislang gingen das DIW und andere Forschungsinstitute in ihren Studien nur von 200 bis 300 Milliarden Euro aus. Die deutliche Steigerung der Schätzung begründen die Forscher damit, dass bisher zwei wichtige Aspekte unberücksichtigt geblieben seien: Die Wertsteigerungen des Vermögens sowie die Tatsache, dass die Erben weiterhin sparen würden. Beziehe man diese beiden Aspekte in die Berechnung mit ein, ergebe sich eine Steigerung von rund 28 Prozent - statt 310 Milliarden Euro wie in der bisherigen Schätzung also bis zu 397 Milliarden Euro, schreibt das DIW.
Personen ab 70 Jahren in der Studie berücksichtigt
Besonders von wohlhabenden Haushalten wird demnach deutlich mehr Vermögen als bislang geschätzt an die nächste Generation übertragen. Ob sich das in einem deutlich steigenden Steueraufkommen aus der Erbschafts- und Schenkungssteuer niederschlägt, ist den Forschern zufolge fraglich. „Die Mehrzahl der Erbschaften kann aufgrund der aktuell geltenden hohen Freibeträge steuerfrei übertragen werden“, erklären sie. Unter dem Aspekt der Chancengleichheit sei dies kritisch zu sehen. „Ein Überdenken der letzten Reform der Erbschafts- und Schenkungssteuer im Hinblick auf die gewährten Freibeträge und die Steuerprivilegien für Unternehmensvermögen ist hier anzuraten“, empfehlen die Experten. 2015 etwa nahm der deutsche Fiskus lediglich 5,5 Milliarden Euro an entsprechenden Steuern ein.
Die Forscher konzentrierten sich in ihrer Untersuchung auf Personen ab 70 Jahren. Deren Vermögen, das voraussichtlich bis 2027 vererbt wird, betrage aktuell insgesamt 1,3 Billionen Euro. Unter der Annahme, dass die Betroffenen in ihrer verbleibenden Lebenszeit weiter so sparen wie zuvor, dürfte sich das Vermögen bis 2027 auf 1,46 Billionen Euro erhöhen. Wird zudem eine Wertsteigerung von jährlich zwei Prozent unterstellt, wüchse das Vermögen sogar auf 1,68 Billionen Euro.
Nicht alle Regionen gleichermaßen betroffen
Zudem können sich nicht alle Regionen gleichermaßen über den Geldsegen freuen. Das Erbschaftssteueraufkommen ist höchst unterschiedlich verteilt. Eins zu eins lässt sich vom Steueraufkommen aber auch nicht auf die Vermögensverteilung schließen. Schließlich könnte das Geld in einem Bundesland erwirtschaftet, später aber in einem anderen vererbt worden sein. In jedem Fall hält die Regionalstatistik einige Überraschungen bereit. Spitzenreiter bei der Erbschaftsteuer ist nicht das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) - sondern Bayern. Danach folgt das wohlhabende Baden-Württemberg, auf Rang vier steht bereits das relativ kleine Hessen. Eine Aufteilung darüber, wie sich die neue Schätzung des DIW auf die einzelnen Bundesländer auswirken würde, enthält die aktuelle Studie aber nicht.
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