Eine Studie im Auftrag der Bertelsmann Stiftung belegt, dass Kinder im Laufe ihres Lebens 50.500 Euro mehr in die Staatskasse geben als sie erhalten. Der Staat müsse Familien bei der Rente entlasten. Kinderlose sollten dagegen mehr berappen.

Berlin - Während die Regierung in diesen Tagen ein milliardenschweres Rentenpaket für die Älteren schnürt, haben Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit der Bertelsmann-Stiftung die Perspektiven derer beleuchtet, die all die Wohltaten auf lange Sicht bezahlen müssen: Was haben Eltern und ihre Kinder vom gesetzlichen Rentensystem? Die Ergebnisse der neuen Studie lassen aufhorchen. Das Rentensystem benachteilige Familien in eklatanter Weise, stellt der Finanzwissenschaftler Martin Werding von der Ruhr-Universität Bochum fest.

 

Aus der Perspektive eines Kindes hat der Ökonom, der seit Jahrzehnten zur Rente forscht, eine Rechnung aufgemacht, die die Diskussion befeuern wird. Sein Fazit ist eindeutig: Familien zahlen im gesetzlichen Rentensystem drauf, Gewinner sind die Kinderlosen. Die Ungerechtigkeit müsse die Politik beseitigen, fordert die Bertelsmann-Stiftung, welche die Studie in Auftrag gegeben hat. Eine zweite Botschaft aus der umfangreichen Untersuchung ist nicht weniger brisant: Die Zusage der Politik, dass die Jungen künftig zumindest nicht mit stark steigenden Beiträgen rechnen müssen, sei wenig wert. Die Beiträge würden ab 2030 die gesetzlichen Zielpunkte übersteigen.

Die Eltern müssen für zwei Generationen aufkommen

Was die Forscher behaupten, steht im Widerspruch zu dem, was Bürger von Politikern, der Rentenversicherung und Wirtschaftsverbänden hören: Immer wieder wird gesagt, der Staat erkenne die Kindererziehung in Form von Rentengutschriften für Eltern und anderen Sozialleistungen wie Kindergeld und Elterngeld ausreichend an. Das sei falsch, meint die Bertelsmann-Stiftung. Die staatlichen Leistungen reichten bei Weitem nicht aus, um die finanziellen Lasten von Familien auszugleichen, sagt Jörg Dräger, Vorstand der Stiftung: „Diejenigen, die dafür sorgen, dass der Generationenvertrag erhalten bleibt, werden noch belastet.“ Die Behauptung ist nicht aus der Luft gegriffen. Der Grund liegt im gesetzlichen Rentensystem. Das Umlageverfahren bedeutet für Eltern, dass sie für zwei Generationen aufkommen müssen. Zum einen sorgen sie mit ihrem Beitrag zur Rentenversicherung dafür, dass deren Eltern im Ruhestand versorgt sind. Gleichzeitig müssen Eltern die Kosten für den Nachwuchs bestreiten. Das ist eine Doppelbelastung, die den Spielraum von Familien einengt. Das sei höchst ungerecht, kritisiert Dräger. Obwohl Familien das Rentensystem aufrechterhalten, müssen sie während des Heranwachsens der Kinder höhere Belastungen als Kinderlose tragen. Dafür liefert die Studie aufschlussreiche Belege.