Wie viel Geld geben die Bundesländer für Flüchtlinge aus? Bei dieser Rundfrage bekamen Experten des Bundestags nur teilweise Auskunft. In Baden-Württemberg summieren sich die Kosten für das vorige Jahr auf 2,4 Milliarden Euro.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Baden-Württemberg hat im vergangenen Jahr etwa 2,4 Milliarden Euro für Flüchtlinge ausgegeben. An Stadt- und Landkreise zahlte das Land gut 1,4 Milliarden Euro für die vorläufige Unterbringung. Die Erstaufnahmeeinrichtungen schlugen – ohne Personal – mit 425 Millionen Euro zu Buche, die Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge mit 370 Millionen Euro. Diese Zahlen meldete die Stuttgarter Landesregierung für eine jetzt aktualisierte Erhebung der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages zu den „zuwanderungsbedingten Ausgaben der Bundesländer“.

 

Im laufenden Jahr rechnet das Finanzministerium mit „flüchtlingsbezogenen Gesamtausgaben“ von etwa 1,4 Milliarden Euro. „Die tatsächliche Höhe hängt nicht zuletzt von der Entwicklung der Zuwanderungszahlen ab“, sagte eine Sprecherin unserer Zeitung. Bei der ersten Übersicht des Bundestages im Februar hatte Baden-Württemberg noch gefehlt. Die Anfrage der Wissenschaftlichen Dienste sei nicht an das Finanzministerium, sondern an die Landesvertretung gerichtet gewesen, erklärte die Sprecherin diesen Umstand.

Lediglich acht Länder melden ihre Daten

Damals hatten nur vier Bundesländer ihre Flüchtlingsausgaben angegeben, vorneweg Bayern mit 3,3 Milliarden Euro. Die Kosten für Zuwanderung und Asyl – darunter auch für unbegleitete Minderjährige – bezifferte die Münchner Staatsregierung auf 2,6 Milliarden Euro, für Integrationsmaßnahmen seien 675 Millionen Euro angefallen. Der Großteil davon sei in ein Sonderprogramm mit dem Titel „Zusammenhalt fördern, Integration stärken“ geflossen. Auch für den jetzt freigegebenen aktualisierten Bericht meldeten nur acht Länder ihre Zahlen. „Es ist mit keinen weiteren Antworten der Bundesländer zu rechnen“, schreiben die Verfasser; daher werde es keine erneute Aktualisierung geben. So fehlt etwa das größte Bundesland Nordrhein-Westfalen, in dem die Flüchtlingskosten nach Medienberichten etwa 4,5 Milliarden Euro betrugen.

Eine Begründung dafür gibt es in dem Bericht nicht. Lediglich Mecklenburg-Vorpommern begründete die fehlenden Zahlen damit, dass Ausgaben der kommunalen Träger in den Flächenländern anders als bei den Stadtstaaten „nicht direkt erfasst“ werden könnten.

Exakte Hochrechnung nicht möglich?

Schon die im Februar bekannten Zahlen hatten Aufsehen erregt. In der Unionsfraktion waren daraus Gesamtkosten der Länder von mehr als 20 Milliarden Euro hochgerechnet worden. So ein Betrag sei öffentlich nicht leicht zu vermitteln, hieß es besorgt – zumal im Bundestagswahlkampf.

Trotz der jetzt breiteren Basis sei eine solche Hochrechnung „unter Einhaltung wissenschaftlicher Standards nicht möglich“, schreiben die Autoren. Die in dem Bericht ausgewiesenen Flüchtlingskosten von acht Ländern summieren sich auf 11,5 Milliarden Euro. Die höchsten Ausgaben meldeten Bayern und Baden-Württemberg, dann Hessen mit 1,63 Milliarden, Berlin mit 1,27 Milliarden und Hamburg mit knapp zwei Milliarden. Dreistellige Millionenbeträge nennen Schleswig-Holstein (783), Brandenburg (552) und Sachsen-Anhalt (407).

Als einziges Land weist Berlin geplante und tatsächliche Ausgaben aus; letztere liegen teils fast um das Doppelte über den ursprünglichen Ansätzen. So waren für Transferleistungen 480 Millionen Euro veranschlagt, in Wirklichkeit flossen dann 941 Millionen Euro. Auch in Baden-Württemberg fielen die Ausgaben offenbar etwas höher aus als erwartet, aber nicht annähernd in diesem Ausmaß.