Wegen der Maut weichen laut dem Regionalverband nur wenige Fernfahrer auf die Bundesstraßen aus. Vor Einführung der Straßenbenutzungsgebühr waren ganz andere Befürchtungen laut geworden worden.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Es ist eine überraschende Erkenntnis, aber die Einführung der Lkw-Maut auf Autobahnen im Jahr 2005 hat nicht dazu geführt, dass mehr Lastwagenfahrer auf die Bundesstraßen ausgewichen sind, was die Menschen in der Region stärker belasten würde. Im Gegenteil, der Lkw-Verkehr auf Bundesstraßen ist, von Ausnahmen abgesehen, zwischen 2005 und 2012 sogar um 11,1 Prozent zurückgegangen. Dies ist das Fazit eines Berichtes, der am Mittwoch im Verkehrsausschuss des Verbandes Region Stuttgart (VRS) vorgestellt wird. Er basiert auf realen Zählungen.

 

Das scheinbare Paradoxon lässt sich leicht erklären: Der Rückgang beruht auf der Wirtschaftskrise 2008, als der Güterverkehr stark eingebrochen war. Er ist bis heute nicht auf das alte Niveau zurückgekehrt. Klaus Lönhard, Verkehrsplaner beim VRS, betont deshalb, dass die Menschen bei konstanter Konjunktur durchaus einen Maut-Ausweichverkehr auf den Bundesstraßen gespürt hätten: „Aber selbst dann läge er nicht bei einer Zunahme von 60 Prozent, wie teils 2005 prognostiziert worden ist.“

Auch bundesweit nur geringer Anstieg verzeichnet

Die Bundesregierung kam Anfang des Jahres übrigens zu einem ähnlichen Ergebnis, allerdings aufgrund von Modellrechnungen (Drucksache 17/12028): Danach gab es auf 94 Prozent der Bundesstraßen in Deutschland keine nennenswerte Zunahme des Lkw-Verkehrs. Unterm Strich liege die mautbedingte Zunahme auf Bundesstraßen bundesweit bei 3,7 Prozent. Für das Jahr 2011 war für die meisten Bundesstraßen in der Region Stuttgart aber stärkerer Verkehr errechnet worden, und zwar zwischen 50 und 250 Lastwagen zusätzlich pro Tag. Laut Lönhard liegt das aber in einem Bereich, der noch nicht problematisch sei. Im Übrigen haben die Verfasser des Bundesberichtes festgestellt, dass sich für 95 Prozent der Lkw-Fahrten ein Ausweichen auf Bundesstraßen gar nicht rechne, selbst unter Berücksichtigung der Maut.

Wenn man tiefer in den regionalen Bericht einsteigt, zeigt sich doch eine Problemstrecke in der Region Stuttgart. Auf der B 10 bei Göppingen erhöhte sich der Lkw-Verkehr direkt nach der Einführung der Maut um 21 Prozent, das entspricht 370 Lastwagen am Tag. Auf die lange Zeit zwischen 2004 und 2012 gesehen, bleibt immer noch ein Plus von 15 Prozent. Der VRS glaubt, dass der vierspurige Ausbau der B 10 im Filstal in den vergangenen Jahren viel zu dieser Zunahme beigetragen hat.

Seit 2010 wächst der Lkw-Verkehr wieder

Entschärft hat sich dagegen die Lage an der B 10 bei Vaihingen/Enz. Im Jahr 2005 war dort der Lastwagentransit sogar um 39  Prozent nach oben geschnellt. Die Landesregierung hat dann ein Durchfahrtsverbot zwischen 22 und 6 Uhr angeordnet. Mittlerweile liege die Belastung um sieben Prozent niedriger als vor der Einführung der Maut 2004, heißt es. Tagsüber könnte der Verkehr bei Vaihingen/Enz aber immer noch erheblich sein.

Die Menschen an der B 14 bei Strümpfelbach hatten 2005 ebenfalls einen Anstieg um 22 Prozent zu verkraften. Mittlerweile sei auch dort die Stärke des Verkehrs stark gesunken – ebenso wie an den neun anderen Zählstellen, wo 2005 ein Anstieg des Lkw-Verkehrs zwischen vier und 18 Prozent beobachtet worden war.

Dennoch: weiterhin passieren täglich rund 75 000 Lastwagen die 18 Zählstellen in der Region Stuttgart – die Belastung bleibt also trotz des Rückgangs erheblich. Und der Lkw-Verkehr wächst seit 2010 wieder überproportional um jährlich 3,5 Prozent auf Autobahnen und um 4,5 Prozent auf Bundesstraßen. Teils hat er das alte Niveau schon wieder erreicht.

Verkehrsministerium: Kein Maut auf weiteren Bundesstraßen

Das Verkehrsministerium in Stuttgart sieht aber angesichts der neuesten Zahlen keinen Anlass, weitere Bundesstraßen mit einer Lkw-Maut zu belegen. Seit einem Jahr müssen Lkw-Fahrer schon auf der B 10 zwischen Zuffenhausen und der A 81, auf der B 27 zwischen Möhringen und Tübingen sowie auf der B 313 zwischen Plochingen und Nürtingen im Schnitt pro Kilometer 17 Cent bezahlen.

Eine Ausweitung wäre kontraproduktiv, so heißt es in dem regionalen Bericht, weil darunter vor allem heimische Firmen litten und weil dann ein Ausweichverkehr auf Landes- und Kreisstraßen nicht ausgeschlossen werden könnte. In geringem Umfang scheint es den heute schon zu geben. Dann also würden noch mehr Brummis direkt durch die Ortschaften brausen.