Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Von guten Mächten wunderbar geborgen

Mit ihrer Meinung steht das Psychologen-Gespann ziemlich alleine da. Die Psychologin und Buchautorin Felicitas Heyne etwa ist völlig anderer Meinung: „Der Glaube an den Weihnachtsmann gehört zu unserer Kultur einfach dazu. Weihnachtsmann, Nikolaus und Christkind vermitteln auf kindgerechte Weise bestimmte Wahrheiten, moralische Werte, Leitlinien.“

 

Sie sind – um in den Worten des von den Nationalsozialisten ermordeten evangelischen Theologen Dietrich Bonehoeffer (1906-1945) zu sprechen – gute Mächte, die alle Kinder treu und still umgeben, behüten und trösten wunderbar.

Warum Kinder an den Weihnachtsmann glauben

Warum glauben Kinder überhaupt an den Weihnachtsmann? In der magischen Phase zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr kann für sie alles real werden, was sie sich in ihrer Fantasie ausmalen. Schönes wie Schreckliches, Feen und Hexen, Drachentöter und Monster, Engel und Gespenster, Helden und Räuber.

Da Kinder diese Dinge noch nicht verstandesmäßig erklären können, werden sie mit magischer Logik durchleuchtet. Die Unterscheidung von Fiktion und Realität verschwimmt. Die Wolken regnen, weil sie weinen. Das Stofftier liegt unter dem Bett, weil es müde ist. Die Puppe kann sprechen, aber nur das Kind kann sie verstehen. Das Wasser in der Badewanne fließt nicht in den Abwasserkanal, sondern in ein verzaubertes Kannönigreich.

Früher oder später wird jedes Kind skeptisch und das erzählte hinterfragen. Es entwickelt nach und nach die Fähigkeit, sich in die Gedanken anderer hineinzuversetzen. Dadurch sind Kinder in der Lage, die Gefühle, Wahrnehmungen und Gedanken anderer einzuordnen und deren Verhaltensweisen einzuschätzen. Ein wichtiger Schritt in der Entwicklung sozialer Kompetenz. Psychologen nennen diesen Prozess „Theory of Mind“ (Theorie des Geistes).

Nicht die Sorge um ihre Kinder würde Eltern motivieren zu lügen, sondern der selbstsüchtige Wunsch, die eigene Kindheit und deren Magie für einen kurzen Moment wiederaufleben zu lassen. Christopher Boyle und Kathy McKay raten Erziehenden zu mehr Ehrlichkeit, auch wenn die Kinder noch klein sind und das wunderbare Weihnachtsfestdadurch entzaubert wird. „Wenn ihr Kind in ein Alter kommt, in dem es anfängt zu fragen, sagen sie ihm die Wahrheit in einer Weise, die ihre Beziehung zu ihrem Kind stärkt.“

Gepfefferte Reaktionen

In den USA, Großbritannien und Australien schlagen die Wogen über die Entzauberung Santa Claus’ hoch. „Das ist Müll, wir haben alle die Weihnachtsgeschichte überlebt. Wie wir auch immer die Wahrheit herausgefunden haben“, kommentiert eine Leserin auf www.abc.net.au. Ein anderer meint: „Ich glaube nicht, dass ich irgendwelche psychologischen Schäden von meinen Eltern erlitten habe, die versuchten, ein bisschen Magie am Leben zu erhalten.“

Ihren Spitznamen „Christmas Grinch“ haben sich Christopher Boyle und Kathy McKay jedenfalls redlich verdient. „Grinch tries to ruin Christmas“ – „Miespeter versucht Weihnachten zu ruinieren“, titelt „Yahoo News“.

Der Geist der Weihnacht

Von guten Mächten wunderbar geborgen

Mit ihrer Meinung steht das Psychologen-Gespann ziemlich alleine da. Die Psychologin und Buchautorin Felicitas Heyne etwa ist völlig anderer Meinung: „Der Glaube an den Weihnachtsmann gehört zu unserer Kultur einfach dazu. Weihnachtsmann, Nikolaus und Christkind vermitteln auf kindgerechte Weise bestimmte Wahrheiten, moralische Werte, Leitlinien.“

Sie sind – um in den Worten des von den Nationalsozialisten ermordeten evangelischen Theologen Dietrich Bonehoeffer (1906-1945) zu sprechen – gute Mächte, die alle Kinder treu und still umgeben, behüten und trösten wunderbar.

Warum Kinder an den Weihnachtsmann glauben

Warum glauben Kinder überhaupt an den Weihnachtsmann? In der magischen Phase zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr kann für sie alles real werden, was sie sich in ihrer Fantasie ausmalen. Schönes wie Schreckliches, Feen und Hexen, Drachentöter und Monster, Engel und Gespenster, Helden und Räuber.

Da Kinder diese Dinge noch nicht verstandesmäßig erklären können, werden sie mit magischer Logik durchleuchtet. Die Unterscheidung von Fiktion und Realität verschwimmt. Die Wolken regnen, weil sie weinen. Das Stofftier liegt unter dem Bett, weil es müde ist. Die Puppe kann sprechen, aber nur das Kind kann sie verstehen. Das Wasser in der Badewanne fließt nicht in den Abwasserkanal, sondern in ein verzaubertes Kannönigreich.

Früher oder später wird jedes Kind skeptisch und das erzählte hinterfragen. Es entwickelt nach und nach die Fähigkeit, sich in die Gedanken anderer hineinzuversetzen. Dadurch sind Kinder in der Lage, die Gefühle, Wahrnehmungen und Gedanken anderer einzuordnen und deren Verhaltensweisen einzuschätzen. Ein wichtiger Schritt in der Entwicklung sozialer Kompetenz. Psychologen nennen diesen Prozess „Theory of Mind“ (Theorie des Geistes).

Altersgerechte Erzählungen

Die Geschichten über den Weihnachtsmann und das Christkind müssen allerdings altersgerecht sein und entsprechend erzählt werden, betont der katholische Pastoraltheologe Michael Schüßler von der Universität Tübingen. „Es gibt ein Alter, in dem Kinder wahnsinnig gerne solche Geschichten hören. Ihnen dann mit Aufklärung zu kommen, verkennt das, was Kinder in diesem Alter wirklich brauchen. Allerdings muss das, was man – auch religiös – über die Welt weiß und was erzählt wird, mitwachsen.“

Wann die Zeit für ein klärendes Gespräch gekommen ist, müssten Eltern selbst herausfinden, so Schüßler. „Kindern werden die Geschichten, mit denen sie aufgewachsen sind, irgendwann fremd. Das heißt aber nicht, dass man Kindern solche Geschichten nicht erzählen sollte. Allerdings müssen sich die Erzählformen dem Alter der Kinder anpassen.“

„Man muss um und nicht gegen die Mythen kämpfen“

Der Denkfehler von „Christmas Grinch“ Christopher Boyle und Kathy McKay besteht darin, dass sie Märchen und Mythen zu stark misstrauen und Kindern zu wenig zutrauen. „Man muss um und nicht gegen die Mythen kämpfen“, meint Michael Schüßler. „Vor allem muss man nach Wegen suchen, sie richtig zu erzählen. Mythen, die das Leben zerstören, es klein und eng machen, sind gefährlich. Das gilt für Kinder genauso wie für Erwachsene.“