Baden-Württemberg hat die Studiengebühr abgeschafft und gleicht die Semesterkosten in vollem Umfang aus. 280 Euro zahlt Grün-Rot pro Student. Doch das Land schielt schon nach neuen Einnahmequellen.

Stuttgart - Es gibt keine Einschnitte in den Angeboten an den Hochschulen, die darf es auch nicht geben“, betont ein Sprecher von Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne). Der Südwesten hat nach der Abschaffung der Studiengebühren zum Sommersemester 2012 seinen Universitäten und Hochschulen volle Kompensation zugesichert, und zwar dynamisch. Darin unterscheidet sich Baden-Württemberg von allen anderen Ländern, die die Gebühren abgeschafft haben, alle anderen haben die Mittel gedeckelt.

 

Im Südwesten bekommen die Universitäten und Hochschulen für jeden Studenten 280 Euro pro Semester. Das entspreche den tatsächlichen Einnahmen der Hochschulen aus den Gebühren, nachdem alle Ausnahmeregelungen abgezogen seien. Wachsen die Studentenzahlen, steigt der Zuschuss. Für 2013 rechnet das Wissenschaftsministerium mit 168,8 Millionen Euro an Ausgaben, 2014 kalkuliert man mit 171,2 Millionen. Theresia Bauer hält sich zugute: „Der baden-württembergische Weg zeigt, dass man Studiengebühren abschaffen kann, ohne bei der Qualität an den Hochschulen Abstriche zu machen.“ Damit nicht genug: ihr Sprecher findet auch, dass sich die Hochschulen eine Menge Verwaltungsaufwand sparen, seit sie das Geld nicht mehr selbst von den Studenten eintreiben müssen.

Rektoren spüren den Einschnitt

Karl Joachim Ebeling, der Präsident der Landesrektorenkonferenz der Universitäten, hat an der Kompensation nichts auszusetzen. Die dynamische Regelung und die 280 Euro pro Kopf bezeichnet er als fair. „Es gibt nichts, was wir nicht machen können.“ Auf den zweiten Blick jedoch fehle das Geld natürlich im Landeshaushalt und speziell im Etat des Wissenschaftsministeriums. Das wirkt sich auf andere Programme des Ministeriums aus. „Als wir Studiengebühren hatten, stand für Universitäten und Hochschulen mehr Geld zur Verfügung“, sagt der Präsident der Uni Ulm. „Das ist schon spürbar.“ Alles in allem teilt Ebeling die Einschätzung, dass die Universitäten „chronisch auskömmlich unterfinanziert“ seien.

Die Rektoren trauern den nachlaufenden Studiengebühren nach, die erst nachträglich gezahlt werden. Diese hatten sowohl Bauer als auch Winfried Kretschmann befürwortet hatten, als sie in der Opposition waren. Zum Sommersemester 2013 erhöht das Land den Verwaltungskostenbeitrag für Studenten von 40 auf 60 Euro pro Semester. Das bringt zwölf Millionen Euro mehr in die Kassen, jedoch bestreitet das Ministerium einen Zusammenhang mit der Abschaffung der Studiengebühren. Bummelstudenten könnte aber im Lauf der Zeit wieder ein finanzieller Beitrag blühen. Schon bei der Abschaffung der allgemeinen Studiengebühren hat die Ministerin angekündigt: „Wir behalten die Entwicklung der Studienzeiten kritisch im Blick.“

Sonderprogramm im Sozialen Bereich

Mit einem Sonderprogramm muss das Land speziell bei Sozialstudiengängen für gleiche Bedingungen sorgen. Staatliche Hochschulen verfügen nicht über genügend Plätze in den Bereichen Soziale Arbeit, Frühpädagogik, Pflege und Inklusive Pädagogik. Dort haben private, speziell kirchliche, Hochschulen wie in Freiburg und Ludwigsburg ein breites Angebot, welches das Land nutzen möchte. Die privaten Hochschulen sehen sich aber im Nachteil, seit der Staat keine Gebühren mehr erhebt. Nun verspricht das Wissenschaftsministerium eine spezielle Förderung, wenn die privaten Hochschulen in diesen Studiengängen auf Gebühren verzichten. Insgesamt 140 Anfängerplätze in diesen stark nachgefragten Bereichen sollen pro Jahr an den privaten Hochschulen gebührenfrei werden, erwartet das Ministerium. Dafür sieht das Land in diesem Jahr 1,5 und im nächsten 1,6 Millionen Euro an Förderung vor. Die Ausschreibung werde zurzeit vorbereitet.