Mit Gebühren für Nicht-EU-Ausländer will Wissenschaftsministerin Bauer Kürzungen bei Hochschulen umgehen.

Stuttgart - Insgesamt 27 Millionen Euro soll das Wissenschaftsministerium 2017 einsparen. Weil sie weder bei Forschung und Lehre noch in der Kunst solche Einschnitte für sinnvoll hält, will Theresia Bauer (Grüne) mehr einnehmen. Studierende aus Nicht-EU-Ländern sollen künftig 1500 Euro pro Semester bezahlen, bestätigte ein Sprecher des Ministeriums.

 

Ein Teil der Gebühren werde an die Hochschulen gehen, damit diese ausländischen Studierende besser betreuen und die Abbrecherquote senken könnten. Ausgenommen von den Gebühren sind Studenten aus der Europäischen Union sowie Island, Liechtenstein und Norwegen und Ausländer, die in Deutschland Abitur oder Fachhochschulreife gemacht haben, ebenso Flüchtlinge und bedürftige Studenten.

Auch Zweitstudium soll kosten

Auch ein Zweitstudium wird kostenpflichtig. Wer nach einem Bachelor- und Master-Abschluss ein weiteres Studium beginnt, soll 650 Euro je Semester zahlen.

Vorgesehen ist, die Gebühren zum Wintersemester 2017/18 für Studienanfänger einzuführen. Nach Schätzungen des Ministeriums beträfen die Gebühren etwa 7000 ausländische Studenten. Bauer rechnet nicht damit, dass viele ausländische Studenten wegbleiben. Deutschland ist bisher das einzige Land, in dem ein kostenloses Studium möglich ist. In vielen anderen Staaten sind die Studiengebühren deutlich höher. Teilweise zahlen ausländische Studenten mehr als einheimische.

Auch juristische Hürden erwartet Bauer nicht. Schon vor drei Jahren ließ sie die Frage klären – in Bezug auf die Musikhochschulen, an denen der Anteil der Studierenden aus Asien besonders hoch ist. Ein Gutachten bescheinigte, dass unterschiedliche Gebühren möglich sind.

SPD: heute Ausländer, morgen Inländer

Über die Pläne Bauers wird bald in der Haushaltskommission und in den Regierungsfraktionen diskutiert. Von Seiten der CDU dürfte es kaum Widerspruch geben – sie hat mit der FDP 2007 Studiengebühren für alle in Höhe von 500 Euro eingeführt. Die wurden 2012 unter Grün-Rot vor allem auf Druck der SPD abgeschafft, die befürchtete, sie könnten Studenten von einem Studium abhalten.

„Bildung muss ohne Gebühren möglich sein. Das gilt auch für das Studium. Heute werden die Ausländer zur Kasse gebeten – und morgen die Inländer“, kritisierte am Freitag die designierte SPD-Landeschefin Leni Breymaier. Der hochschulpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Alexander Salomon, will die Vorschlag „unvoreingenommen prüfen“ – mit Gebühren ließen sich die Studienbedingungen verbessern. Die Grüne Jugend hingegen lehnt ihn ab: „Studierende, ganz gleich aus welchem Staat sie stammen, sind eine Bereicherung für das Bildungssystem im Land.“ Der hochschulpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Kai Gehring, kritisierte Bauers Pläne. „Das gebührenfreie Studium ist bundesweit wie in Baden-Württemberg ein Standortvorteil, der den Studienort Deutschland weltweit attraktiv positioniert hat.“ Die FDP warf Bauer „Opportunismus“ vor. Sie plädiert für „sozial verträgliche Studiengebühren“. Viele verdankten es ihrem Studium, dass sie später über gute Einkommen verfügen. „Deshalb schlagen wir vor, von Australien zu lernen. Dort wird die Eigenbeteiligung eines ehemaligen Studenten erst fällig, wenn sein Einkommen eine festgelegte Untergrenze überschreitet“, so der hochschulpolitische Sprecher Klaus Hoher.

Rektoren ziehen Gebühren Kürzungen vor

Für die Hochschulen ist der internationale Austausch verzichtbar. Vor die Wahl gestellt, Kürzungen oder Studiengebühren zu akzeptieren, ist für die Rektoren die entscheidung klar: Mit 1500 Euro pro Semester blieben die Universitäten weiterhin international attraktiv – vor allem, wenn sie einen Teil der Einnahmen für die Betreuung der ausländischen Studierenden erhielten, sagte Wolfram Ressel, Rektor der Universität Stuttgart und Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz. Wichtig seien auch Ausnahmen für ärmere Studenten.

Die Arbeitgeber Baden-Württemberg unterstützen Bauers Pläne. „Einnahmen aus Studienbeiträgen werden in vielen Ländern durch die Hochschulen sehr erfolgreich zur eigenen Profilbildung und zur Verbesserung der Qualität der Lehre genutzt. Es wäre daher richtig, wenn auch Baden-Württemberg das Potenzial einer sozialverträglichen Beteiligung internationaler Studierender an den steuerfinanzierten Kosten ihres Studiums nutzen würde“, erklärte Hauptgeschäftsführer Peer-Michael Dick.

Nach Angaben des Statistischen Landesamtes studierten 2015 rund 45 200 ausländische Studenten im Land, 13 700 aus EU-Staaten, 10 600 aus anderen europäischen Ländern. Aus Asien kamen rund 13 700 Studenten, aus Amerika 3800 und aus Afrika 3200.

Ein weiterer Plan Bauers betrifft alle Studierenden. Die Verwaltungsgebühren sollen um zehn Euro je Semester steigen.