Stuttgart ist als Hochschulstadt höchst beliebt. Mehr Studienbewerbungen als je zuvor erhielten die Uni Stuttgart und die Hochschule der Medien. Doch das neue Anmeldeverfahren wird auch kritisiert.

Stuttgart - Mit mehr als 37 000 Studienbewerbungen hat die Uni Stuttgart einen neuen Höchststand erreicht – übrigens komplett online. Auch die Hochschule der Medien (HdM) verzeichnet mit 8361 Bewerbungen einen Rekord – allerdings müssen die dort noch auf Papier eingereicht werden. Beide Hochschulen nehmen mit ihren zulassungsbeschränkten Studiengängen am Dialogorientierten Serviceverfahren (DOSV) der Stiftung Hochschulstart.de teil. Dieses koordiniert die Zulassungen von Studiengängen mit Numerus clausus bundesweit und in einem mehrstufigen Verfahren. Und es lässt bis zu zwölf Bewerbungen pro Kopf zu. Auch die Uni Hohenheim beteiligt sich mit einigen Fächern daran, liegt mit 12 321 Bewerbungen aber knapp unter Vorjahresniveau. Das Interesse an der Hochschule für Technik (HFT), die nicht am DOSV teilnimmt, ist mit nur noch 5343 Bewerbern zurückgegangen – im Vorjahr waren es noch 6668. Bis zum Jahr 2018 streben alle Bundesländer einen Vollbetrieb des DOSV an. Aktuell beteiligen sich in Baden-Württemberg 18 der 33 Hochschulen mit örtlich zulassungsbeschränkten Studiengängen an DOSV, bundesweit sind es 129 von 180.

 

Noch sind nicht alle Studienplätze vergeben

Allerdings gibt es auch Kritik an dem Verfahren. Denn bisher sind nicht alle Studienplätze vergeben, auch wenn die Zahl der Bewerber die der Plätze um ein Vielfaches übersteigt und die Zulassungsangebote längst erteilt sind. „80 Studienplätze sind bei uns noch offen und 484 Zulassungsangebote noch ohne Antwort“, berichtet Mathias Hinkelmann, Prorektor Lehre der HdM. Dort beteiligt man sich zum zweiten Mal mit allen zulassungsbeschränkten Bachelorfächern am DOSV.

In erster Linie freut man sich über das Plus von 2718 Bewerbungen, das Hinkelmann auf das neue Zulassungsverfahren zurückführt. Dies habe „unbestrittene Vorteile, es ist besser für die Bewerber“, sagt Hinkelmann. Davon ist auch Kerstin Lütge-Varney überzeugt, Sprecherin bei Hochschulstart.de: „Die Studierenden können über ihr Nutzerkonto ständig den Stand ihrer Bewerbung einsehen.“ Und dieser Stand ändert sich automatisch – denn sobald ein Bewerber eine Zulassung erhalten hat, fällt er aus dem DOSV-Verfahren und damit auch aus der elektronischen Kartei aller anderen beteiligten Hochschulen raus. Das bedeutet, frei werdende Studienplätze können unmittelbar an nachrückende Bewerber vergeben werden. Zudem haben die verbliebenen Bewerber die Möglichkeit, ihre Prioritäten zu ändern.

An der Medienhochschule sind noch 484 Zulassungsangebote unbeantwortet

Doch aus Hinkelmanns Sicht hat die Sache einen Haken. Denn noch immer sei unklar, wie viele der 484 Bewerber mit Zulassungsangebot sich noch an der HdM einschreiben werden oder wie viele davon „Karteileichen“ sind und sich längst anderswo eingeschrieben haben – kurzum, ob man angemessen überbucht habe oder ob nicht. Denn das Bewerberverhalten sei bei DOSV schwerer einzuschätzen als vorher. Und wer auf das Angebot nicht reagiere, bleibe weiter im Verfahren. Zulassungsangebote müssten bis zum Ende der Entscheidungsphase stehen bleiben, also bis 18. August. Bis 24. August werde automatisch nach Rangfolge eine Zulassung ausgesprochen. Ab 4. September werden die Restplätze verlost. „Vor einem Jahr und vor zwei Jahren waren wir drei Wochen schneller fertig“, sagt Hinkelmann.

Uni Stuttgart sieht Vorteile im zentralen Abgleich

Die Uni Stuttgart hingegen sieht gerade darin einen Vorteil beim DOSV, „dass sich die Bewerber zu einem bestimmten Zeitpunkt im Verfahren verbindlich für ein Studienplatzangebot entscheiden müssen“, so Unisprecherin Lydia Lehmann. Durch das automatische Nachrücken könne das herkömmliche Nachrückverfahren vermieden oder reduziert werden. Zudem habe die Umstellung auf das Online-Verfahren den Bearbeitungsaufwand verringert. Durch zehn zusätzliche Mitarbeiter und die Abordnung weiterer Mitarbeiter könnten schon fünf bis sechs Arbeitstage nach Bewerbungsschluss die ersten Zulassungsangebote ausgesprochen werden.

Auch an der Uni Hohenheim zeigt man sich mit DOSV zufrieden. Jens Vogelgesang, der dem Zulassungsausschuss für den Bachelorstudiengang Kommunikationswissenschaft vorsitzt, sieht darin einen Zeitvorteil: „Verglichen mit den Vorjahren führt die DOSV-Teilnahme dazu, dass die Bewerber im Durchschnitt zwei Wochen früher ihre Zulassungsbescheide erhalten.“ Aber er räumt auch ein: „Der Vorteil des DOSV greift erst, wenn alle Hochschulen mitmachen.“ Bisher hätten sich für die begehrte Kommunikationswissenschaft mit ihren 99 Plätzen mehr als 60 Bewerber eingeschrieben. Er rechne mit weiteren Immatrikulationen. Die Landesregierung ist mit dem neuen Verfahren zufrieden: „Das DOSV läuft, wie sich in zehn Zulassungsterminen bestätigt hat, stabil.“