In Stuttgart studieren 60 000. Doch die Stadt Stuttgart tut sich schwer mit diesem Pfund. So richtig zuständig fühlt sich in der Stadtverwaltung niemand. Zwei Studierendenvertreter sagen, wo es klemmt.

Stuttgart - Niemanden scheint es in der Stadtverwaltung sonderlich aufzuschrecken, dass erstmals die Zahl der Studienbewerber in Stuttgart zum Wintersemester deutlich geschrumpft ist. Die Frage, was Stuttgart tut, um als Hochschulstadt attraktiv zu sein, genießt dort keine Priorität. Der neue Imagefilm der Stadt zeigt Tiere, tanzende und kellnernde Frauen, Weihnachtsmarkt und Wasen sowie Autos, Baustellen, Stäffele und Turner. Hochschulen und Studierende? Fehlanzeige. Dabei sind an den 7 öffentlichen und 15 privaten Hochschulen in Stuttgart rund 60 000 Studierende eingeschrieben. Eine Wilkommenswoche für Erstsemester? Wurde 2012 gestrichen. 2011 wurde eine Zweitwohnungssteuer eingeführt, die auch Studierende ohne Hauptwohnsitz in Stuttgart betrifft und der Stadt sprudelnde Einnahmen beschert.

 

Asta-Vorsitzender: Wenn man Studentenleben will, darf man nicht nach Stuttgart

„Wenn man Studentenleben will, darf man nicht nach Stuttgart“, sagt Benedikt Schülen. Der Münchner studiert trotzdem hier, zweites Semester, Master Wirtschaftswissenschaften. Und er engagiert sich im Asta-Vorstand, wie Andrea Bauer, die Agrarwissenschaften auf Master studiert. Als Hochschulstadt nehmen sie Stuttgart nicht wahr. „Es wäre super, wenn die Stadtverwaltung der Uni nicht im Weg stehen würde“, sagt Schülen: „Es gibt an der Uni einen massiven Parkplatzmangel. Das liegt daran, dass viele Studis mit dem Auto kommen, weil sie pendeln; selbst Studis aus Stuttgart kommen mit dem Auto, weil die Verkehrsanbindung so schlecht ist.“ Überfüllte Busse, teures Semesterticket, und dann sollen Studierende künftig auch noch fürs Parken zahlen, kritisiert Schülen im Blick auf das geplante Parkraummanagement im Rahmen des Campus-Masterplans.

Kneipenpläne gestalten sich schwierig

Doch auch den Kneipenplänen des Asta mache es die Stadt schwer: „Wir haben immer noch Probleme mit den Ämtern“, so Schülen. Bereits vor mehr als einem Jahr habe der Asta in der Thomas-Müntzer-Scheuer, dem kulturellen Herz des Campus, einen kleinen, selbst verwalteten Gewerbebetrieb anmelden wollen; bis dahin war das Studierendenwerk Tübingen/Hohenheim zuständig gewesen. „Der Plan war, dass man eine dauerhafte Gaststättenerlaubnis bekommt.“ Doch dafür müsse der Asta jede Menge Auflagen erfüllen. „Wir hätten ein schalltechnisches Gutachten vorlegen sollen, aber das hätte mehrere tausend Euro gekostet“, so Schülen. „Wir haben schon verschiedene Belegungspläne eingereicht – jetzt heißt es, wir haben zu wenig Toiletten.“ Zumindest für die wöchentlich stattfindende Party. „Da müssten wir noch mobile Klos aufstellen.“ Derzeit beantrage man für jede Veranstaltung eine Sondererlaubnis – insgesamt „ein wahnsinnig zäher Prozess“. Dabei gebe es kneipentechnisch „kein wahnsinnig breites Angebot auf dem Campus“. Auch beim Essen gebe es kaum etwas „über Mensa und Edeka hinaus“. Andrea Bauer hätte gern ein besseres Sportangebot, aber es fehle an Hallen. „Weil Wohnheime gebaut werden, fällt der Unisport weg.“ Dass sich beim Wohnen was tue, sei aber positiv, betont sie.

Wechselnde Zuständigkeiten im Rathaus für das Thema Hochschulen

Offiziell ist bei der Stadt seit einem Jahr Ines Aufrecht für die Hochschulen zuständig, die Leiterin der Wirtschaftsförderung im Referat von Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU). Vor einem Jahr hatte die Zuständigkeit vom Kulturbürgermeister – nach Susanne Eisenmann also Fabian Mayer – auf Föll gewechselt. Geblieben sind die Reihe „Wissenschaft im Rathaus“ und Infoveranstaltungen für Studierende. Aufrecht betont: „Wir sind zuständig für die Hochschulen und nicht für die Studierenden.“ Sie bietet aber an: „Die Studierenden können gern bei uns vorbeikommen.“ Was aus der Coupon-App für Erstsemester geworden ist, für die Studierende der Medienhochschule vor drei Jahren einen Prototypen entwickelt hatten? Die sei „offensichtlich nicht umgesetzt“, so Aufrecht – „wir prüfen, ob wir das aufgreifen“. Das hatte die Stadt auch vor drei Jahren erklärt. Die App sollte Erstsemestern vergünstigte Eintritte in kulturelle oder andere Einrichtungen zu vermitteln.

Mit den Hochschulen arbeite die Wirtschaftsförderung „schon immer eng zusammen“, so Aufrecht. Meist projektbezogen, etwa zu den Themen Citylogistik, autonomes Fahren, Einzelhandel sowie bei Messen und mit Start-ups. Die Kamingespräche mit den Hochschulrektoren seien Chefsache: „Die hat OB Fritz Kuhn 2016 ins Leben gerufen.“ Drei gab es schon. Ergebnis: „Nächstes Jahr möchte man ein Wissenschaftsfestival organisieren“, so Aufrecht. „Es geht darum, dass man die Bürger stärker einbeziehen möchte.“ Geplant seien Veranstaltungen an den Hochschulen, auf dem Marktplatz und im Rathaus. Mit Mobilität und Campusplanung, Parkraummanagement und Gewerbeanmeldungen hingegen hat Aufrecht nichts am Hut. Damit schlagen sich seitens der Stadt die Bürgermeister Peter Pätzold (Grüne) und Martin Schairer (CDU) herum.