Es hat schon ein bisschen was von einem Staatsbesuch, als Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) im Stutengarten eintrifft. Prompt wird der hohe Besuch auch zum Ehrenbürger der Kinderspielstadt. Nur bei der Bank geht der OB mit leeren Händen.

Stuttgart - Es hat schon ein bisschen was von einem Staatsbesuch, als Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) am Freitag in der Kinderspielstadt Stutengarten eintrifft. Die Feuerwehr und die Polizei stehen Spalier, mit ernster Miene haben sie alles und jeden fest im Blick. Die Besucher merken schnell: Mit den sechs Polizisten, die an diesem Tag für die Sicherheit von Kuhn sorgen, will sich niemand anlegen.

 

Louis ist einer von ihnen. Der Achtjährige wurde eben per Handschlag vom Oberbürgermeister begrüßt. Aufregend findet er das nicht. „Es ist halt mein Job“, sagt er lässig und kaut auf seinem Kaugummi. So wie Louis gehen die 500 anderen Kinder in der Kinderspielstadt auch an diesem Tag ihrem Beruf nach – zum Beispiel auch Luisa und Marie. Die beiden Zwölfjährigen sind in dieser Woche die Bürgermeisterinnen von Stutengarten und verleihen ihrem „Kollegen“ Kuhn die Ehrenbürgerschaft der Kinderspielstadt. Das passiert auf der Bühne auf dem kleinen Marktplatz, bejubelt und beklatscht von der jungen Bevölkerung. „Ich bin tief gerührt“, sagt Oberbürgermeister Kuhn. „Vor allem freue ich mich auch über die Städtepartnerschaften und hoffe, dass wir viel voneinander lernen können.“

Entwürfe für eine Spiellandschaft am Neckar

Als erstes lernen die Kinder an diesem Tag: Der Stundenplan eines Oberbürgermeisters ist sehr eng beschrieben. Mehr als 45 Minuten hat er nicht Zeit für den Besuch – trotzdem versucht Kuhn so viel wie möglich mit den Kindern zu plaudern und etwas von der kleinen Stadt zu sehen. Unerkannt kommt er natürlich nicht durch die drei Straßen, immer wieder muss der OB anhalten und Autogramme geben.

Große Aufregung herrscht bei den Kindern des örtlichen Architektenbüros, als Kuhn das Zelt betritt. „Wir haben uns gemeinsam überlegt, wie wir das Neckarufer am liebsten gestaltet hätten“, erklärt Kjell und zeigt dem OB ein Modell, gebastelt aus Styropor. „Das ist ein Abenteuerspielplatz und das ein Sandkasten in Schildkröten-Form.“ Kuhn zeigt sich beeindruckt, will aber lieber wissen, ob es auch Spaß mache. „Klar“, sagen die sechs Jung-Architekten.

Jeden zweiten Tag ein neuer Beruf

Weiter geht die Stadtführung für Kuhn. Kjell findet das alles „sehr aufregend“. Nicht aber wegen des Oberbürgermeisters, sondern: „Weil hier so viele Fotografen, Journalisten und ein Kamerateam unterwegs sind!“ Das Kamerateam ist von Stuggi.TV, dem Fernsehsender der Spielstadt. Und wie das bei einem so hohen Besuch auch im richtigen Leben ist, wollen die Journalisten ihre Fragen beantwortet bekommen. Dafür ist Tamila an diesem Tag zuständig. Sie hat eine steile Karriere in der Spielstadt hinter sich: am Montag war sie Lageristin, am Mittwoch wechselte sie in den Friseursalon und am Freitag steht sie auf einmal als Moderatorin vor der Kamera und darf Fritz Kuhn interviewen. „Wir wechseln hier alle zwei Tage den Beruf, deswegen freue ich mich total, dass ich ausgerechnet jetzt bei Stuggi.TV sein darf“, erzählt sie. Ein bisschen aufgeregt ist die Zwölfjährige schon, als sie die Fragen stellt. Professionell zieht sie die Angelegenheit allerdings durch, fragt: „Was wolltest du denn mal werden, als du Kind warst?“ – „Eigentlich finde ich Bürgermeister einen ganz tollen Beruf“, antwortet Kuhn.

Auf dem Weg zum Rathaus geht es noch an der Konditorei vorbei („Wir haben extra für Sie Kekse gebacken!“), an der Apotheke („Diese kleinen Pillen helfen gut gegen Müdigkeit.“) und an der Bank („Einen Kredit können wir Ihnen leider nicht geben.“).

Ein Zechpreller in der Eisdiele

Sichtlich beeindruckt zeigt sich der OB am Ende der Stadtführung von dem, was die Kinder gemeinsam mit den ehrenamtlichen Helfern der Stuttgarter Jugendhaus Gesellschaft jeden Tag hier auf die Beine stellen: „Ich ziehe meinem Hut vor diesem Projekt. Ich finde es gut und wichtig, dass Kinder lernen, wie eine Stadt funktioniert und wie aktiv man sie selbst mitgestalten kann, wenn man will.“

Letzte Amtshandlung: die Unterschrift im goldenen Buch der Stadt. Polizist Louis begleitet den OB noch bis zum Ausgang, sorgt anschließend weiter für Recht und Ordnung im Stutengarten. Seine Hilfe wird rasch benötigt: in der Eisdiele will jemand nicht bezahlen. „Die Arbeit ruft“, sagt er.