Darf die Deutsche Bahn im Zuge des Projekts Stuttgart 21 mit dem Bau der ICE-Strecke und des Flughafenanschlusses beginnen? Sie steht unter großem Zeitdruck.

Stuttgart - Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim muss über die Rechtmäßigkeit der Genehmigung durch das Eisenbahn-Bundesamt (Eba) für die Bahnpläne auf den Fildern entscheiden. Das Vorhaben ist ein wesentlicher Teil des Projekts Stuttgart 21 und die neue Schienenverbindung nach Ulm. Schon im Jahr 2002 hatte die S-21-Projektgesellschaft die Genehmigung beim Eisenbahn-Bundesamt (Eba) beantragt. Nach diversen Änderungen und einer Aufspaltung in zwei Abschnitte hatte die Bundesbehörde im September 2016 grünes Licht gegeben. Vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim wird an diesem Dienstag verhandelt, ob die Ampel grün bleibt oder aber auf gelb oder rot springt.

 

War separate Prüfung nötig?

Die Schutzgemeinschaft Filder und der Naturschutzbund (Nabu) werfen dem Eba vor, im Genehmigungsverfahren wesentliche Fehler gemacht zu haben. Das Bundesamt habe den Bau des Schienenweges und Bau der Südumfahrung des Stadtbezirks Plieningen in unzulässiger Weise miteinander verknüpft und dadurch die gebotene jeweils separate Prüfung der Umweltverträglichkeit der Einzelvorhaben nicht beachtet.

Am Vormittag debattierten die Streitparteien vor dem 5. Senat unter der Leitung von Richter Karsten Harms darüber, ob bereits bei der Bekanntmachung des Vorhabens für die Öffentlichkeit mögliche Auswirkungen nicht hinreichend dargestellt wurden. Dass zum Beispiel durch den Straßenneubau Verkehr verlagert und Lärmwerte weiter überschritten würden, sei nicht erwähnt worden, argumentierten die Anwälte Karsten Sommer (Nabu) und Tobias Lieber für die Kläger. Eine Verkehrsprognose habe gar nicht vorgelegen. Ohne die Beschreibung der Auswirkungen könne der Bürger aber seine Betroffenheit nicht einschätzen. „Wir meinen, dass ein aussagekräftiger Überblick gegeben worden ist“, sagte Richter Harms dazu.

Streit um Filderböden

Bei ihrer Argumentation verwiesen die Kläger auf eine Entscheidung zur Weservertiefung: Ein stärker begründetes Vorhaben wie in diesem Fall der Streckenbau für die Bahn dürfe ein schwächer begründetes – hier der Straßenbau – nicht „mitziehen“, so Sommer. Die Ziele dürften grundsätzlich zusammengelegt werden, so ein Vertreter des Eba. „Es trifft nicht zu, dass alles in einen Brei gerührt wurde“ verteidigte Anwalt Peter Schütz für die Bahn das Vorgehen. Aus dem Urteil zur Weservertiefung könne „keine Formel“ abgeleitet werden, wie es die Kläger versuchten.

Auch in der Einschätzung über die Wertigkeit der Filderböden entwickelte sich ein Disput. In der Vorprüfung zur Umweltverträglichkeitsprüfung sei von mittlerer Wertigkeit die Rede, im späteren Gutachten von höherer Wertigkeit. Für diese Diskrepanz der Aussagen zeigte auch der Senat gesteigertes Interesse. Die Frage, warum es zu diesen unterschiedlichen Einschätzungen gekommen sei, konnte die dafür zuständige Gutachterin nicht auflösen.