Im Februar 2012 sind im Schlossgarten 116 Bäume für Stuttgart 21 gefallen – die Stämme sollten sinnvoll genutzt werden. Doch ein Projekt mit Kindern ist nun abgesagt worden. Zwei Jahre nach der Fällaktion bleibt unklar, was mit den Bäumen passiert.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Vor mehr als zwei Jahren, im Februar 2012, sind für das Bahnprojekt Stuttgart 21 exakt 116 Bäume im Schlossgarten gefällt worden – seither überlegt das Bürgerforum für S 21, wie die zwischengelagerten Stämme für einen sinnvollen Zweck verwendet werden könnten. Zwei Projekte, ein pädagogisches und ein künstlerisches, sind zuletzt entworfen worden, doch um das erstere hat es nun hinter den Kulissen einigen Ärger gegeben.

 

Die Stuttgarter Jugendhaus-Gesellschaft plante, während ihrer Kinderspielstadt Stutengarten im August eine Schreinerei samt Sägewerk aufzubauen, bei der die Kinder unter Anleitung Möbel herstellen können. Dafür sollten auch 32 Bäume aus dem Schlossgarten genutzt werden. Wie jetzt bekannt wurde, hat es aber an dieser Idee so starke Kritik gegeben, dass die Jugendhaus-Gesellschaft sich entschlossen hat, die Schreinerei zwar anzubieten, aber nur herkömmliches Holz zu verwenden. Geschäftsführer Sieghard Kelle bestätigte den Sachverhalt, wollte sich aber zu den Gründen nicht äußern. Wie zu hören ist, soll es Befürchtungen gegeben haben, Eltern könnten sich beschweren, dass ihre Kinder politisiert würden. Die Initiative Parkschützer oder auch der BUND kannten das Vorhaben gar nicht. „Die Verwendung der Stämme ist bei uns nicht mehr im Fokus“, sagte Gerhard Pfeifer vom BUND.

Bildhauer wollen Stämme in Kunstwerke verwandeln

Insgesamt seien aber die „Empörung und der Widerstand zu groß“ gewesen, um das pädagogische Projekt anzubieten, heißt es. Doch es gibt andere Stimmen. Manche sagen, die Bäume seien schließlich gefällt; da müsse man sie auch sinnvoll nutzen.

Ein zweites Projekt ist dagegen schon fest terminiert. Etwa ein Dutzend Bäume erhält der Verein „Geist und Geld“, der vom 8. bis zum 13. September neun Bildhauer auf den Killesberg einladen wird. Die Künstler verwandeln dann in einer offenen Veranstaltung die Stämme in Skulpturen. Dem Verein geht es bewusst um eine politische Diskussion: „Das Bildhauersymposion soll die Diskussion über Kunst und deren gesellschaftliche Bedeutung befördern“, sagt der Vorsitzende Ralf Kaudel. Die Stadt stellt für die Veranstaltung einen Parkplatz an der Parlerstraße neben dem Tennisclub Weißenhof zur Verfügung, wie Sven Matis, Sprecher der Stadt Stuttgart, bestätigte. Die Bürger können die Arbeit der Bildhauer permanent verfolgen.

Etwa 60 Bäume sind an andere Orte versetzt worden

Selten waren Bäume zu einem solchen Politikum geworden wie jene Platanen, Buchen und Kastanien zwischen Hauptbahnhof und Planetarium. Auch die Demonstrationen am 30. September 2010, die bekanntermaßen im „schwarzen Donnerstag“ endeten, hatten in den ersten Baumfällungen ihre Ursache gehabt.

In der Schlichtung, die wenige Monate später stattgefunden hatte, entschied Heiner Geißler, dass die Bäume nach Möglichkeit nicht gefällt, sondern versetzt werden sollten. Bei etwa 60 Bäumen ist dies tatsächlich verwirklicht worden, bei 116 war es wohl nicht möglich gewesen. Die Deutsche Bahn wollte insgesamt eine halbe Million Euro dafür aufwenden, die Bäume zu versetzen und die gefällten Stämme einer öffentlichen Verwendung zuzuführen.

Womöglich lässt man die Bäume im Wald verrotten

Bei einem Workshop mit Bürgern im Juni 2012 waren Ideen entwickelt worden. Die Bäume sollen in Kunstwerke verwandelt werden, die öffentlich zugänglich sind. Daneben waren Projekte mit ökologischen oder pädagogischen Zielen als sinnvoll eingestuft worden. Beide genannten Projekte hätten die Kriterien also erfüllt.

Die Stämme lagern derzeit auf dem Gelände der Stadtgärtnerei auf dem Fasanenhof und an der Hohen Warte in Feuerbach. Was nach der Absage der Jugendhaus-Gesellschaft mit den rund 100 übrigen Stämmen geschieht, ist wieder offen. Man wolle dies aber in den nächsten Wochen klären, so Sven Matis. Ziel sei weiter, künstlerische und pädagogische Projekte zu verfolgen. Sollte dies nicht möglich sein, würden die Stämme in letzter Konsequenz als Totholz genutzt. Soll heißen: sie dürfen im Wald verrotten – das sei eine ökologische Nutzung im Sinne des Bürger-Workshops. Ausgeschlossen sei, so Matis, dass das Holz verbrannt werde.