Die Bahn reißt Teile der Logistikstraße für Stuttgart 21 ab und schickt Lastwagen auf öffentliche Straßen. Im Rathaus geht man davon aus, dass das zu keinen Behinderungen führt. Der Bau der neuen S-Bahnstrecke ist im Zeitplan. Erste Züge könnten noch vor Inbetriebnahme des Bahnknotens rollen.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Gut sechs Millionen Tonnen Material sind bislang im Zuge von Stuttgart 21 von den Baustellen im Talkessel abtransportiert worden – der ganz überwiegende Teil davon über das eigens angelegte, gut vier Kilometer lange Netz von Logistikstraßen, das die Baugruben in der Innenstadt mit dem zentralen Umschlagplatz am Inneren Nordbahnhof verbindet. Die Hochphase im Jahr 2015, als bis zu 13 000 Tonnen am Tag bewegt wurden, sind vorbei. Die Bahn macht sich auch deshalb daran, Teile der Logistikstraßen wieder abzureißen.

 

Dass von diesem Rückbau als Erstes eine Passage auf Höhe des Ufa-Palasts betroffen ist, liegt aber nicht allein am Rückgang der zu befördernden Massen. Im Schatten des Kinokomplexes muss ein Tunnelstück für die unterirdische S-Bahn-Verbindung vom Hauptbahnhof zum neuen Halt an der Mittnachtstraße gebaut werden – in etwa dort, wo heute noch die Lastwagen mit Erde und Gestein unterwegs sind.

Lastwagen auf stark befahrenen Straßen

Ebenfalls dem Bau der S-Bahn-Röhre im Weg ist eine der ehemaligen Bahnbrücken über die Wolframstraße am Rand des Europaviertels, die auch Teil der Logistikstraße ist. Die Brücke wird in der Zeit zwischen 29. April und 1. Mai abgerissen. Bereits vom 1. April an müssen die Lastwagen eine neue Route befahren. Sie teilen sich dann ab der Wolframstraße die Nordbahnhof- und Rosensteinstraße auf einer Länge von gut 800 Meter mit dem übrigen Verkehr. Auf Höhe des Kolping-Bildungswerkes an der Rosensteinstraße biegen sie wieder auf die Logistikstraße ab. „Das werden bis zu 200 Lastwagenfahrten sein“, sagt Wolf-Dieter Tigges, bei Stuttgart 21 für die Baulogistik verantwortlich. Zu Spitzenzeiten seien bis zu 750 Lastwagenfahrten am Tag angefallen. Auf der Rosensteinstraße zählt die Stadt 9000 Fahrzeuge am Tag, auf der Nordbahnhofstraße derer 12 000.

Ampeln regeln an der Kreuzung Wolfram-/Nordbahnhofstraße das Einfädeln der S-21-Lastwagen. Peter Koch vom Ordnungsamt der Stadt ist sich sicher, dass der Knoten den zusätzlichen Verkehr verkraftet. „Wir werden davon nichts spüren.“ Spätestens ab 2020 merken die Autofahrer dann aber doch etwas von den Bauarbeiten. Dann werden sie auf zwei großen Schleifen an der Baugrube mitten auf der Wolframstraße vorbeigeführt. Die Frage, wer nach Abschluss der Arbeiten den ursprünglichen Zustand wiederherstellt, ist Gegenstand einer gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen der Stadt und dem Eisenbahn-Bundesamt. Wann der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg den Streit aufruft, steht noch nicht fest.

Erste S-Bahnen auf der neuen Strecke im Jahr 2023?

Während erst 2025 statt 2021 Züge im Tiefbahnhof halten werden, ist der Zeitplan beim S-Bahn-Neubau nicht ganz so angespannt. 2023 oder 2024 könnten die S-Bahnen vom Nordbahnhof und von Bad Cannstatt stadteinwärts die neue Infrastruktur nutzen. Diesen Vorlauf könne man dann auch dazu nutzen, ein neues elektronisches Zugsicherungssystem im S-Bahnbetrieb zu erproben. Das sogenannte European Train Control System (ETCS) steuert bislang nur den Betrieb auf Hochgeschwindigkeitsstrecken. In Stuttgart könnte es erstmals bei S-Bahnen genutzt werden – vorausgesetzt, das Land und die Region einigen sich auf die Finanzierung.