Die Berliner Staatsanwaltschaft soll die Entscheidung zum Weiterbau von Stuttgart 21 untersuchen: Mehrere Juristen haben gegen Bahnchef Rüdiger Grube und zahlreiche Aufsichtsräte Strafanzeige erstattet.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Stuttgart - Die Weiterführung von Stuttgart 21 könnte ein Fall für die Justiz werden. Mehrere Juristen haben gegen Bahnchef Rüdiger Grube und zahlreiche Aufsichtsräte Strafanzeige wegen des Verdachts der Untreue und des Betrugs erstattet. Die Anzeige wurde bei der Staatsanwaltschaft Berlin eingereicht und liegt dieser Zeitung vor. Inwieweit sie zu Ermittlungen, einer Anklage oder gar einem rechtskräftigen Urteil führt, ist offen. Im Kern geht es um den Vorwurf, dass die Entscheidung zum Weiterbau dem Staatskonzern schade, weil S 21 unwirtschaftlich sei, wie es in der Anzeige heißt. Die Entscheidung sei rein politisch motiviert, anstatt sich gemäß Aktienrecht am Unternehmenswohl zu orientieren. Hohe Mehrkosten seien der Bahnspitze und dem Aufsichtsrat zudem bereits seit dem Jahr 2009 bekannt gewesen, aber gegenüber den Projektpartnern verschleiert worden. Zudem seien die Kosten eines Projektabbruchs zu hoch dargestellt worden.

 

Die Bahn argumentierte, dass ein Stopp des Projekts für den Konzern noch höhere Belastungen verursache. Vorstand und Aufsichtsrat ließen diese Entscheidung durch mehrere Gutachten von Wirtschaftsprüfern und Anwaltskanzleien absichern, die auch Haftungsfragen umfassten.

Die Vorwürfe richten sich gegen 19 Personen

Der Rechtsanwalt Eisenhart von Loeper, der ehemalige Richter Dieter Reicherter sowie der langjährige SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Conradi haben die Anzeige verfasst. Die Betrugsvorwürfe richten sich gegen 19 Personen. Neben Bahnchef Grube und Vorstandsmitglied Volker Kefer sind jene 17 der 20 Aufsichtsräte des Konzerns benannt, die Anfang März der Weiterführung von S 21 zugestimmt haben. Nur der Vertreter der Lokführergewerkschaft GDL, Mario Reiß, hatte dagegen votiert. Der frühere Eon-Manager Christoph Dänzer-Vanotti enthielt sich der Stimme. Finanz-Staatssekretär Hans Bernhard Beus fehlte bei der Sitzung.

Der Staatsanwaltschaft Berlin liegen bereits weitere Anzeigen gegen die Bahnspitze und das Bundesverkehrsministerium vor, in denen der Verdacht der Untreue, des grob pflichtwidrigen Verhaltens und des EU-Subventionsbetrugs erhoben wird. Die Juristen aus dem Kreis des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21 stützen sich dabei auch auf umfangreiche interne Unterlagen aus dem Ministerium und dem Konzern sowie auf Medienberichte.