Bahn und das Landesamt für Denkmalpflege sind sich so gut wie einig: Experten des Denkmalamts sollen öfters dabei sein, wenn der Trog im Schlossgarten ausgehoben wird. Es werden weitere interessante Funde erwartet.

Stuttgart - Fast ein Jahr nach den bedeutenden archäologischen Funden an mehreren Stellen der Baugrube für den S-21-Tiefbahnhof im Mittleren Schlossgarten zeichnet sich nach Informationen der Stuttgarter Zeitung eine intensivere archäologische Begleitung ab. Wurden die Experten des Landesamts für Denkmalpflege bisher bei Entdeckungen hinzugerufen, so sollen sie künftig die Arbeiten regelmäßig beobachten. Gespräche zwischen der Bahn und dem Landesamt stehen offenbar kurz vor dem erfolgreichen Abschluss. Die neue Regelung könnte greifen, wenn im Herbst neue Baufelder geöffnet werden. „Beide Seiten wollen die gute Zusammenarbeit fortsetzen und sind sich bewusst, dass eine intensive Begleitung sinnvoll ist“, bestätigte ein Sprecher des Regierungspräsidiums Stuttgart, zu dem das in Esslingen ansässige Landesamt gehört.

 

Die Entwicklung kommt insofern überraschend, als sich die Bahn und das Landesamt bisher darauf beriefen, dass in der Genehmigung für die Bauarbeiten eine permanente bodenkundlich-archäologische Begleitung nicht vorgeschrieben sei. Man gehe nur von „Zufallsfunden“ aus, die von der Baufirma gemeldet werden müssten.

Überreste einer Villa rustica aus der Römerzeit

Im Baufeld im Mittleren Schlossgarten wurden – begünstigt durch glückliche Umstände wie die Anwesenheit von Bodenkundlern der Universität Hohenheim – im vergangenen Sommer zahlreiche archäologische Funde gemacht. Dabei handelt es sich um die gut erhaltenen Reste eines römischen Gutshofs aus dem zweiten und dritten Jahrhundert nach Christus. Ausgegraben wurden auch Überreste römischer Töpfer- und Ziegelöfen, was darauf hindeutet, dass die Bewohner dort nicht nur Landwirtschaft betrieben, sondern Baumaterial und Keramik herstellten – Abnehmer war wohl die nahe gelegene Römersiedlung in Bad Cannstatt. Freigelegt wurden in diesem Bereich auch Spuren einer frühalemannischen Siedlung aus dem vierten Jahrhundert. Außerdem wurden an einer anderen Stelle aufgereihte Steinplatten aus dem 17. Jahrhundert entdeckt, die auf einen Wassergraben im Zusammenhang mit einem Spielfeld für die höfische Gesellschaft hindeuten.

Der Archäologe Andreas Thiel stellte die bisherigen Ergebnisse am Donnerstagabend im Turmforum vor. Er stufte vor allem die alamannischen Spuren als „hochinteressant“ ein. „Wir haben den Ehrgeiz, noch mehr aus dem Boden zu holen, wenn es der Baufortschritt zulässt“, sagte er. Dies gelte besonders für die den an die Fundstellen angrenzenden Bereichen. Thiel wies aber auch auf die begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen hin. Bisher habe das Landesamt dafür 50 000 Euro ausgegeben. Aus wissenschaftlicher Sicht seien nicht die römischen, sondern die alamannischen Funde am ertragreichsten, betonte er. Da es dort feucht sei, könnte auch organisches Material wie Kleiderreste gefunden werden. „Das macht den Reiz aus“, sagte er, „wir werden in der reichen Fundlandschaft am Bahnhof weiter tätig werden“.

Bisher zeigte die Bahn sich eher unwillig

Diese Einschätzung galt nicht immer. Die Stuttgarter Landtagsabgeordnete Brigitte Lösch (Grüne) hatte sich schon im vergangenen Frühjahr vehement für eine intensivere archäologische Begleitung eingesetzt – war aber bei der Bahn und dem Landesamt abgeblitzt. Nicht anders erging es ihr, als sie im September 2014 einen erneuten Vorstoß wagte. „Es kann nun nicht mehr von Zufallsfunden gesprochen werden“, so ihre Einschätzung. Es liege „klar auf der Hand, dass es unbedingt einer bodenkundlich-archäologischen Baubegleitung bedarf, damit auch alle möglichen Funde erkannt und gesichert werden können“.

Doch beim Eisenbahnbundesamt, das die Arbeiten genehmigte, lehnte man jede Zuständigkeit ab. Auch beim Finanz- und Wirtschaftsministerium, der Aufsichtsbehörde der Denkmalpflege, kam die Politikerin nicht weiter. Der Denkmalschutz stimme sich mit der Bahn ab, eine „weitergehende permanente fachliche Begleitung würde keine weitergehenden Erkenntnisse ermöglichen“, teilte das Ministerium noch im Herbst 2014 mit.