Sollte der Tunnel zwischen Sindelfingen und Flughafen für die Gäubahn gebaut werden, wird die Bohrmaschine wohl in Stuttgart-Plieningen starten. Landwirte befürchten Schlimmstes, die Bahn beschwichtigt.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Bei Michael Gehrung ist das Frühwarnsystem angesprungen. Nachdem die Deutsche Bahn jüngst ihre Vorplanungen zum Gäubahntunnel präsentiert hat, ist der landwirtschaftliche Obmann in Plieningen noch mehr in Habachtstellung als eh schon. Der Gäubahntunnel heißt inzwischen anders, nämlich Pfaffensteigtunnel, benannt nach dem Gewann im Sindelfinger Wald, wo die Röhren in Zukunft gen Stuttgarter Flughafen abzweigen könnten. Der Bauer malt sich nun schon aus, was dies für ihn und seine Kollegen bedeuten könnte.

 

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Seine größte Sorge: weiterer Flächenverlust für die Landwirtschaft. Messe, Flughafen, Stuttgart 21 – Beispiele für Projekte, die sie vor allem fruchtbare Felder gekostet haben, gibt es aus Sicht der Bauern viele. Und nun also der Pfaffensteigtunnel, der die S-21-Pläne auf den Fildern verändern könnte.

Die Deutsche Bahn fährt zweigleisig

Bisher ist vorgesehen gewesen, die Gäubahn über die vorhandene S-Bahnstrecke zum Flughafen zu leiten. Dafür müsste am Flughafenbahnhof ein drittes Gleis gebaut werden – was wiederum eine Streckensperrung zur Folge hätte, die die S-Bahnlinie nach Filderstadt-Bernhausen für längere Zeit kappen würde. An diesen Plänen halte man auch bis auf Weiteres fest, informierte die Deutsche Bahn jüngst im Gemeinderat von Leinfelden-Echtderdingen, man fahre weiterhin zweigleisig.

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Der Gäubahntunnel, der jetzt Pfaffensteigtunnel heißt, ist ein Bundesprojekt, er wäre Teil des Gäubahn-Ausbaus im Bundesverkehrswegeplan und damit Teil des angestrebten Deutschlandtakts. Die Deutsche Bahn ist gerade dabei, die Vorplanungen, für die sie vom Bund beauftragt worden ist, abzuschließen. Heißt, die beiden 11,5 Kilometer langen Tunnelröhren sind noch längst nicht beschlossen.

Wo die Tunnelbohrmaschine starten soll

Für Michael Gehrung, den Bauern aus Plieningen, ist dies kein Grund zur Entspannung. „Wie sagt man so schön: Wehret der Anfänge“, sagt er. Er hat aufmerksam verfolgt, was bereits gesprochen wird und malt sich aus, wie es, sollte der Tunnel kommen, rund um den Langwieser See aussehen würde. „Ich kenne solche Baustellen“, sagt er. „Da geht zehn Jahre keine Landwirtschaft mehr.“ Gehrung fragt sich, weshalb die Tunnelvortriebsmaschine, sollte sie zum Einsatz kommen, vom Flughafen aus starten müsse. „Warum nicht von Sindelfingen aus?“

Der Ort, an dem die Bohrmaschine sich ins Erdreich graben könnte, läge den bisherigen Plänen zufolge in der Nähe des Langwieser Sees und damit auf Plieninger Äckern. „Ich kenne mich auf der Gemarkung aus. Das kann es doch nicht sein“, sagt Gehrung. „Wir haben doch schon so viel durch S 21 verloren.“ Den Menschen in Leinfelden-Echterdingen wolle man entgegenkommen, indem der Tunnel für sie keinen weiteren Lärm auf den S-Bahngleisen bedeuten würde. „Von Plieningen schwätzt aber keiner.“

Flächen für die Baustelle bräuchte es so oder so

Auf einzelne Parzellen könne derzeit niemand herunterbrechen, was der mögliche Bau des Pfaffensteigtunnels bedeuten würde, sagt ein Sprecher der Deutschen Bahn auf Nachfrage unserer Zeitung. Klar sei aber, dass ein Umbau des Flughafens – Stichwort drittes Gleis – ebenfalls sogenannte Baustelleneinrichtungsflächen nötig machen würde. „Nach jetzigem Stand wären dies größere Flächen als für den Pfaffensteigtunnel“, sagt der Bahn-Sprecher. Ob Tunnel oder drittes Gleis, betroffen wäre in beiden Szenarien die Gegend am Langwieser See.

Dass die Tunnelbohrmaschine in Stuttgart starten würde, habe mehrere Gründe, so der Bahn-Sprecher. Diese Vorgehensweise sei umweltverträglicher, die Stelle besser ans Straßennetz angebunden, und sie würde sich zudem topografisch besser anbieten. Kurzum: „Die Bedingungen aus Richtung Plieningen sind deutlich günstiger.“ Und sähe das Tunnelportal dann ähnlich aus wie beim Fildertunnel? Das sei derzeit nicht sicher zu sagen, der Vergleich sei aber „sicher auch nicht abwegig“.

In der Filderhalle in Leinfelden, Bahnhofstraße 61, hat noch bis zum 14. April ein Büro der Deutschen Bahn geöffnet. Jeweils zwischen 10 und 17 Uhr können dort Fragen gestellt werden.