Die Deutsche Bahn will beim umstrittenen Projekt Stuttgart 21 bis zur Wahl des Ministerpräsidenten im Mai keine neuen Fakten schaffen.
Berlin - Die Deutsche Bahn will beim umstrittenen Projekt Stuttgart 21 bis zur Wahl des baden-württembergischen Ministerpräsidenten im Mai keine neuen Fakten schaffen. Bis zur Konstituierung der neuen Landesregierung würden keine weiteren Festlegungen getroffen - „weder in baulicher Hinsicht noch bezüglich der Vergabe von Aufträgen“, teilte der bundeseigene Konzern am Dienstag in Berlin mit. Unabhängig davon gelte der mit den Projektpartnern geschlossene Vertrag uneingeschränkt.
Die grün-rote Landesregierung unter dem voraussichtlichen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann soll im Mai gebildet werden. Nach Kefers Worten will die Bahn dann mit den Verantwortlichen Gespräche führen. Mit der neuen Landesregierung wolle man konstruktiv und vertrauensvoll zusammenarbeiten, unterstrich der Bahnmanager. Sowohl die Grünen, die die Landtagswahl am Sonntag gewonnen hatten, als auch SPD begrüßten die Ankündigung.
Seit gut einem Jahr baut die Bahn bereits an Stuttgart 21. Zuletzt stand sie kurz vor der Vergabe eines weiteren Großauftrags. Sie verhandelte gerade die Aufträge für den mehrere 100 Millionen Euro teuren Tunnel vom Stuttgarter Talkessel bis zum Flughafen. Ein Ausstieg aus dem Projekt würde nach dieser Vergabe erheblich teurer werden. Auch die Verlegung von 17 Kilometern Rohrleitungen für das Grundwassermanagement in der Innenstadt stand an. Gleiches gilt für die Tiefbauarbeiten für das unterirdische Technikgebäude an der Nordseite des Bahnhofs.
Kefer betonte, dass die Verträge für das 4,1 Milliarden Euro teure Projekt uneingeschränkt gelten. Vertragspartner der Bahn sei nach wie vor das Land, nicht die jeweilige Landesregierung. Auch Bund, Stadt Stuttgart, Flughafen und Regionalverband Stuttgart sind beteiligt.
Die Grünen kämpfen seit Jahren gegen die Umwandlung des Stuttgarter Kopfbahnhofs in eine unterirdische Durchgangsstation und deren Anbindung an die geplante Schnellbahntrasse nach Ulm. Die SPD ist zwar für das Projekt, strebt aber wie die Grünen eine Volksabstimmung an. Zunächst sollen die Ergebnisse der Computersimulation zur Leistungsfähigkeit des geplanten Tiefbahnhofes im Vergleich zum bestehenden Kopfbahnhof abgewartet werden. Nach Angaben der Bahn wird dies im Sommer sein.
Der Grünen-Verkehrsexperte Werner Wölfle begrüßte die Ankündigung der Bahn als „guten ersten Schritt“: „Das war das Mindeste, was ich erwartet habe.“ Doch die zeitlich Begrenzung bis zur Regierungsbildung sei falsch. Der Vergabestopp müsse bis zur Klärung aller Fragen gelten, darunter die möglichen Folgen des Stresstests oder die Anbindung der Gäubahn, betonte der Landtagsabgeordnete und langjährige Stuttgart-21-Gegner.
Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster teilte in einer Presseerklärung mit, dass er davon ausgehen, dass die Bahn die Verträge zum Projekt einhalten werde. "Darauf hat Bahn-Chef Grube immer wieder bestanden. Deshalb bin ich sicher, dass am Grundsatz der Vertragstreue nicht gerüttelt wird. Die Bahn muss jetzt im gemeinsam vereinbarten Stresstest die Leistungsfähigkeit des Bahnhofs unter Beweis stellen, danach Stuttgart 21 Plus zügig weiter bauen", sagte Schuster.
Der SPD-Landeschef Nils Schmid sagte: „Es ist sinnvoll, dass die Bahn die weitere Entwicklung abwarten will.“ Er fügte hinzu: „Die SPD setzt weiterhin darauf, die Bürger über Stuttgart 21 entscheiden zu lassen.“
Werner Simmling von der FDP-Bundestagsfraktion nannte die Entscheidung der Bahn unternehmerisch nachvollziehbar, betonte aber: „Die Bahn darf nicht der Sündenbock für ideologische Grabenkämpfe der neuen Landesregierung werden. (...) Die Stadt, die Region und das Land brauchen dieses Infrastrukturprojekt.“