Anwohner klagen über erhebliche Belastungen durch den Tunnelbau von Stuttgart 21 im Stadtteil Wangen. Die Bahn prüft schonendere Bauweisen – bietet aber auch den Betroffenen einen vorübergehenden Umzug ins Hotel an.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Die Klagen über unzumutbare Belastungen, die vom Tunnelbau für Stuttgart 21 im Stadtbezirk Wangen ausgehen (wir berichteten), reißen nicht ab. Ein Anwohner der Nähterstraße, unter der die Bahn aktuell eine Röhre Richtung Innenstadt vorantreibt, erklärt gegenüber der Stuttgarter Zeitung, in der Nacht auf Mittwoch um 1.50 Uhr in seiner Wohnung Lärm von mehr als 50 Dezibel gemessen zu haben. Die Baustelle befindet sich dort nach Angaben der Bahn etwa 30 Meter unter der Geländeoberfläche.

 

Florian Bitzer von der DB-Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm räumt ein, „dass wir in Wangen erhebliche Belastungen auslösen“. Man sei im Gespräch mit den Anwohnern. Um eine objektive Datenbasis zu ermitteln, seien Mitarbeiter des Immissionsschutzbeauftragten in der Nacht auf Donnerstag in Wangen vor Ort, um Messungen vorzunehmen. Bitzer zeigt Verständnis für die Anwohner: „Ich würde nicht anders reagieren.“

Auch die zweite Röhre muss noch gebaut werden

Günter Osthoff, der für den Wangener Bereich von Stuttgart 21 zuständige Abschnittsleiter, verweist auf Gespräche mit der Landesbergdirektion in Freiburg. Die Bahn möchte von der Fachbehörde die Genehmigung, den Tunnel mit Sprengstoff voranzutreiben. Aktuell darf nur in der Zeit zwischen 6 und 22 Uhr gesprengt werden, in den Nachtstunden rücken die Mineure dem Untergrund mit Meißelbagger zu Leibe, die die beanstandeten Belästigungen auslösen. Linderung könnte das schonendere Bauverfahren bringen. „Da reden wir von zwei Sprengungen pro Nacht, die jeweils für fünf Sekunden Lärm machen“, erklärt Osthoff. Ob und wenn ja wann die veränderte Bauweise genehmigt wird, kann der Abschnittsleiter nicht sagen. „Das ist ein Verwaltungsverfahren. Da gebe ich keine Prognose ab“.

Ähnliche Belastungen wie aktuell an der Nähterstraße sei auch an der parallel verlaufenden Straße Im Degen und dann später noch an der Jägerhalde zu erwarten, die im weiteren Verlauf der Arbeiten ebenfalls untertunnelt werden. Und weil das Bauwerk zwischen Wangen und der City aus zwei parallelen Röhren besteht, wird sich die Belastung absehbar wiederholen, wenn der zweite Vortrieb das Wohngebiet erreicht. „Vier bis fünf Monate“, so Osthoff, sei man in der Gegend noch mit dem Ausbrechen der Tunnel beschäftigt.

Bahn verweist auf die Baugenehmigung

Parallel zu den Bemühungen um eine weniger laute Bauweise wird die Bahn den Betroffenen anbieten, vorübergehend in ein Hotel oder Pension auszuweichen. Auch bei Arbeiten an der Neubaustrecke in der Nähe von Ulm hat die Bahn schon einmal lärmgeplagte Anwohner vorübergehend in einem Hotel einquartiert. Weitere Entlastungen für die Anwohner stehen aber nicht zur Debatte. Der Bahn sei es wichtig, möglichst schnell Rechtssicherheit zu erlangen. Florian Bitzer stellt aber auch unmissverständlich klar: „Wir bauen diesen Tunnel. Und wir dürfen dass sieben Tage die Woche rund um die Uhr“.