Der Bau der umstrittenen Brücke bei Mühlhausen rückt näher. Das Projekt ist europaweit ausgeschrieben. Vorher müssen aber noch Eidechsen verschwinden.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Mühlhausen/Stuttgart - Bei der Bahnfahrt im Hochgeschwindigkeitszug von Stuttgart nach Ulm wird es künftig die Attraktion sein. Minutenlang geht es durch dunkle Tunnelröhren, bei Mühlhausen aber erblicken die Bahnreisenden für exakt 7,8 Sekunden das Tageslicht. So lange dauert bei Tempo 250 die Überfahrt über die Filstalbrücke. Jetzt hat die Bahn die Arbeiten für das mächtige Bauwerk europaweit ausgeschrieben.

 

70 bis 80 Lastwagen am Tag

Die 485 Meter lange und bis zu 85 Meter hohe Bahnbrücke wird die Silhouette von Mühlhausen nachhaltig verändern. Bis es so weit ist, kommt auf die knapp tausend Einwohner eine Großbaustelle zu. Für die Gründung der Widerlager müssen nach den Berechnungen der Bahnplaner 72 000 Kubikmeter Erde ausgehoben und abtransportiert werden. Alle Bohrpfähle kommen zusammengenommen auf eine Länge von 2800 Meter. Die Bahn rechnet mit einer Bauzeit von fünf Jahren.

Mühlhausen bleibt skeptisch

„Momentan können wir auf die Bahn nicht schimpfen“, sagt der Bürgermeister Bernd Schaefer,. Das bedeutet nicht, dass der Ort seinen Frieden mit dem Großprojekt gemacht hätte. Bei der Volksabstimmung im Dezember war Mühlhausen die einzige Gemeinde in der gesamten Region Stuttgart, die mehrheitlich für den Ausstieg stimmte. „Ich bin ein bisschen stolz darauf, dass wir den Mut gehabt haben, das anzukreuzen, was wir denken“, sagt Schaefer. Seine Verhandlungsposition gegenüber der Bahn sieht er durch das Ergebnis gestärkt. Wenn es nun um die Einzelheiten der Umsetzung des Projekts geht, ist die Bahn offenbar darum bemüht, die Ressentiments nicht größer werden zu lassen.

Der Juchtenkäfer vom Filstal ist eine Eidechse

Der offizielle Beginn der Bauarbeiten ist voraussichtlich in einem Jahr. Dann sollen die Fundamente für die Pfähle erstellt werden. Von 2014 an soll dann das eigentliche Brückenbauwerk hochgezogen werden. Ein erster Schritt für das Projekt ist allerdings schon getan. Zwischen Mühlhausen und Wiesensteig wurde ein 9000 Quadratmeter großes Wäldchen gerodet. Auch im Oberen Filstal gibt es eine Art Juchtenkäfer. Eine Zauneidechsenpopulation muss für die Bauarbeiten weichen und wird im Spätsommer in einer neu geschaffenen Wacholderheide unterkommen. Trotz ihres Ärgers haben die Mühlhausener ihren Humor schon wieder gefunden. Bei der Fasnacht wurden „staatlich geprüfte Eidechsenfänger“ gesucht.