In der Röhre neben dem Wagenburgtunnel kommen die Mineure beim Bahnprojekt Stuttgart 21 wegen des harten Gesteins mit dem Bagger nicht mehr weiter. Nun soll gesprengt werden. Die Ankündigung löst bei den Anwohnern der Baustelle Besorgnis aus.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Beim Bau der sogenannten Rettungszufahrt Süd für Stuttgart 21 im Bereich der ehemaligen Konzertlocation Röhre ist die Bahn nach eigenen Aussagen planmäßig auf hartes Gestein gestoßen. Statt wie bisher die unterirdische Verbindung mit Baggern voranzutreiben, muss nun zu durchschlagenderen Baumethoden gegriffen werden. Vom kommenden Montag an sind Sprengungen im Untergrund möglich. Darauf macht die Bahn in einem Flugblatt aufmerksam, das in den vergangenen Tagen in den betroffenen Wohngebieten verteilt worden ist.

 

220 von 231 Meter Tunnelstrecke haben die Mineure mittlerweile ausgebrochen. Doch habe man nun „Gesteinsschichten angetroffen, die mit dem Baggervortrieb nicht mehr gelöst werden können“, heißt es in dem Papier für die Anwohner. Die deshalb notwendig werdenden Sprengungen „werden zwischen 7 und 20 Uhr von Montag bis Sonntag durchgeführt“. Betroffen sind nach Angaben der Bahn die Quartiere Kernerviertel, Uhlandshöhe und Diemershalde. Zwischen Tunnelröhre und Erdoberfläche liegen dabei 50 Meter.

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Anwohner sind besorgt

Die Ankündigung wird in den Vierteln mit gemischten Gefühlen gesehen. Projektkritische Anwohner haben sich im „Netzwerk Kernerviertel“ zusammengeschlossen. Dessen Sprecher Frank Schweizer schwant nichts Gutes. „Von unseren Netzwerken in Untertürkheim und Wangen wissen wir, was solche Sprengungen bedeuten.“ Dort habe die Bahn mit besonders lauten Arbeiten die Baustellenanlieger gegen sich aufgebracht. Schweizer rechnet mit Vibrationen aus dem Untergrund. „Und auch mit dem einen oder anderen Knall. Die Baustelle ist jedenfalls nicht so leise, wie immer behauptet wird.“

Sorge bereitet ihm auch der Abtransport der aus dem Berg gesprengten Gesteinsbrocken. Diese fielen deutlich größer aus als das von Baggern ausgebrochene Erdreich. Letzteres wird über ein erst kürzlich erprobtes Förderband vom Tunnelmund in den   Mittleren Schlossgarten transportiert. Eine Methode, die Schweizer bei den größeren Brocken für untauglich hält. „Die müssen mit Lastwagen weggefahren oder vor Ort zerkleinert werden.“ Beides verursache Lärm. Das Beladen eines Lastwagens mit Ausbruch habe ihn in einer der vergangenen Nächten auf den Plan gerufen. Der Vorgang sei so laut gewesen, dass sich Schweizer zur Baustelle aufmachte und das Beladen fotografierte.

Unterirdische Verzweigungen

Die Bahn ihrerseits verweist darauf, dass die Lastwagentransporte nur eine vorübergehende Lösung seien. Sobald das Förderband die Testphase erfolgreich durchlaufen habe und aus dem Berg ein nennenswerter Strom an Ausbruchmaterial komme, werde dieser über das Förderband entsorgt. Das Material werde dann auch jene Größe haben, die einen Transport auf dem Band erlaube, so ein Sprecher des Kommunikationsbüros.

Die parallel zum Wagenburgtunnel vorangetriebene Röhre soll später einmal eine Zufahrt zu den Tunnels im Havariefall bieten. Während der Bauphase aber erlaubt sie den Bergleuten, zur eigentlichen Tunnelbaustelle vorzudringen. Die Mineure machen sich nun daran, das sogenannte Verzweigungsbauwerk zu errichten. Das ist jene Stelle, an der sich die zwei Tunnel, die vom Tiefbahnhof kommen, in vier Röhren aufspalten. Zwei bilden die Verbindung von der und auf die Filderhochfläche, die zwei anderen jene von und nach Obertürkheim. Rund einen Meter wollen die Bergleute mit jeder Sprengung vorankommen. Das Verfahren soll „bis zum Ende der Rohbaumaßnahmen des Verzweigungsbauwerks“ angewendet werden, heißt es in der Anwohnerinformation der Bahn.

Sprengungen in Stuttgarter Untergrund nicht ungewöhnlich

Dass beim Tunnelbau in Stuttgart gesprengt wird, ist nichts Außergewöhnliches. So behalfen sich etwa die Mineure beim Stadtbahntunnel in Steinhaldenfeld mit Explosivem, und auch entlang der Weinsteige und zur Waldau war das so. Die Sprengungen lockerten dabei das robuste Gestein auf, das andernfalls langwierig mit einem Meißelbagger zerkleinert hätte werden müssen.