Von Ende Mai an soll es regelmäßige Führungen über die Baustellen bei Stuttgart 21 geben. Derweil denkt die Bahn über Änderungen am Logistikkonzept nach.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Stuttgart 21 hat stets die Massen auf die eine oder andere Weise bewegt. Und Georg Brunnhuber, Chef des Vereins Bahnprojekt Stuttgart-Ulm, glaubt fest an eine Fortsetzung dieser Massenbewegung – wenn auch in einem ganz anderen Sinne als bei Großdemonstrationen. „Wir können nun die Bürger mitnehmen auf die Baustelle, wir stoßen mit ihnen vor zum Kern des Projekts“, sagt der Vereinsvorsitzende mit Blick auf das, was er zusammen mit den beiden Geschäftsführern der Bahnprojektgesellschaft Stuttgart-Ulm, Manfred Leger und Peter Sturm, am Freitag Vertretern der Projektpartner Land, Region, Stadt und Flughafen, vorgestellt hat. Die Informationsvermittlung zum Bahnhofsumbau soll nicht mehr allein im Turmforum stattfinden, sondern vor Ort bei gezielt angebotenen Baustellentouren. „Wir haben heute schon so viele Anfragen dazu, dass wir sie nicht abarbeiten können“, erklärt Brunnhuber. Wie die Besucher etwa die Baustelle im Talkessel erleben können, davon machten sich die Projektpartner am Freitag bei einer Premierentour ein Bild.

 

Bahn prüft Änderungen

Auch dabei geht es um Massen, jene, die aus den Gruben und Tunneln herausgebracht und aus der Stadt geschafft werden müssen. Dabei tüftelt die Bahn weiter an Details ihres Logistikkonzepts. Fest steht dabei mittlerweile, dass der Tunnel von der City Richtung Bad Cannstatt nur zu einem kurzen Teil von der Baugrube an der Jägerstraße in der Innenstadt aus gegraben wird. Stattdessen arbeiten sich die Mineure deutlich länger von einer Baustelle am Nordbahnhof aus in Richtung Hauptbahnhof vor. Das anfallende Erdreich wird durch die Tunnelröhren zum Nordbahnhof gefahren, wo es auf Zügen zum Abtransport landet. Das spare 40 000 Lastwagenfahrten über das oberirdische Baustraßennetz, erklärt Manfred Leger. Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Konzept zeichnen sich auch beim Bau der Röhren von Feuerbach zum Hauptbahnhof ab. Für diesen Tunnel hat die Bahn eine Baustelle am Pragtunnel eingerichtet, deren Anschluss ans Baustraßennetz noch nicht vollendet ist. Nun prüfen die S-21-Bauer, ob sich die Erdmassen nicht direkt vor Ort auf die Schiene umladen lassen, statt sie erst per Lastwagen auf die Logistikfläche am Nordbahnhof zu karren. Allerdings gelte es noch offene Fragen des Lärmschutzes zu klären. Schließlich ist die nächste Wohnbebauung nicht weit entfernt.

Auf der großen Umschlagfläche in Sichtweite des S-Bahn-Halts Nordbahnhof war eine der Stationen der Premierenfahrt. Nach Art und Güteklasse getrennt, wird dort Erde auf die Schiene verladen. Bis Ende April haben auf diese Weise 700 Züge, jeder mit 1000 Tonnen Abraum beladen, die Landeshauptstadt verlassen. Insgesamt gilt es, 8,5 Millionen Tonnen Erde und Gestein fortzuschaffen. 13 Fuhren werden derzeit täglich auf die Reise geschickt, diese Zahl ließe sich erhöhen, wenn auch direkt am Pragtunnel verladen werden könnte. Viel Spielraum haben die S-21-Bauer nicht. Auf der Logistikfläche ist Platz, um 41 000 Tonnen Material zwischenzulagern, eine Menge, die die Mineure derzeit wöchentlich zu Tage fördern. Der Abtransport sei aber auch in Zeiten des Lokführerausstands nicht gefährdet, erklärte Manfred Leger. Man arbeite mit einem Unternehmen zusammen, das nicht bestreikt wird.

Ende Mai beginnen die regelmäßigen Führungen

Von Ende Mai an können sich Interessierte das Logistikkonzept bei Führungen aus der Nähe anschauen. Die Tour in Kleinbussen beginnt am Fuß des Bahnhofsturms, nutzt die Baustraße parallel zum Querbahnsteig und führt an Europa- und Nordbahnhofviertel entlang zur Logistikfläche. Georg Brunnhuber ist vom Konzept überzeugt: „Dann wird der Vorwurf verstummen, man sehe nichts vom Bau, weil der nicht vorangehe.“