In einer Broschüre, die anlässlich des 65-jährigen Bestehens des Stuttgarter Hauptbahnhofs von der Bahn herausgegeben wurde, finden sich Hinweise darauf, dass der Turm auf Eichenholzpfählen gegründet wurde.

Stuttgart - Ich wünsche dem Buch eine weite Verbreitung.“ Mit diesen Worten beendet Ulf Häusler, damals Präsident der Bundesbahndirektion Stuttgart, sein Vorwort für die Broschüre, die 1987 zum 65-Jahr-Jubiläum des Hauptbahnhofs erschien. Sein Wunsch ist offenbar nicht bis zu den heutigen S-21-Planern und -verantwortlichen durchgedrungen: Sie gehen nach wie vor davon aus, dass der Bahnhofsturm auf Eisenbetonpfählen steht. In dem Jubiläumsheft haben S-21-Kritiker aber nun auf Seite 32 eine interessante Bildunterschrift gefunden, die da lautet: „Der Turm ruht auf 290 Eichenpfählen, die zusammen eine Länge von mehr als drei Kilometer aufweisen.“ Aber auch in einem weiteren Vorwort ist von Eichenholzpfählen die Rede.

 

Neue Nahrung für Streit über die Gründung des Bahnhofsturms

Damit erhält der Streit über die Gründung des Bahnhofsturms neue Nahrung. Zuletzt hatte Peter Dübbers, der Enkel des Bahnhofsarchitekten Paul Bonatz, an die Mitglieder des Gemeinderats appelliert, bei der Bahn auf Sondierungsbohrungen zu dringen, um Auskunft über die Beschaffenheit zu bekommen. Der S-21-Sprecher Wolfgang Dietrich lehnte solche Bohrungen bereits ab. Dübbers hält sie für notwendig: Sollten nämlich Eichenpfähle verwendet worden sein, bestehe die Gefahr, dass beim Ausheben des Trogs für den Tiefbahnhof und der Absenkung des Grundwassers das Holz mit Sauerstoff in Berührung komme. Dann könnten die Pfähle faulen, was die Standfestigkeit des 10 300 Tonnen schweren Turms gefährde. Dübbers hatte sich an Erzählungen seines Großvaters erinnert, in denen dieser von Eichenpfählen gesprochen habe. Schriftliche Dokumente fehlten aber, hatte Dübbers, der selbst Architekt ist, eingeräumt.

In Jubiläumsbroschüre sind Hinweise zu finden

Der Text aus dem Jubiläumsband ist nun ein deutlicher Hinweis darauf, dass tatsächlich Eichenholz zum Einsatz kam. Zumal die Broschüre von der Bundesbahn herausgegeben worden ist. Das Foto auf der Seite 32, das vom 1. Juni 1916 stammt, zeigt ein Baugerüst für den Turmbau, das ebenfalls aus Holzstangen besteht.

Ob dieser Fund bei der Bahn zu einem Umdenken führt, ist ungewiss. Dietrich erklärte vergangene Woche bereits, dass die Bahn unabhängig davon, welches Material zur Gründung verwendet worden sei, „sicher bauen“ könne. Der Turm werde während des Baus ohnehin ständig überwacht.

Vorwortschreiber Hopfenzitz erwähnt Eichenpfähle

Der damalige Bahnhofschef Egon Hopfenzitz, schreibt in seinem Vorwort übrigens: „Selbst der 56 Meter hohe Bahnhofsturm steht noch im Lot, obwohl ihm Experten schon 1913 (also vor Baubeginn, d. Red.) vorausgesagt hatten, er werde in Richtung der königlichen Anlagen abwandern, weil wegen des sumpfigen Nesenbachtals eine Gründung auf 290 Eichenholzpfählen notwendig geworden war.“

Die Debatte über die Standfestigkeit ist also nicht neu . . .