Das Regierungspräsidium empfiehlt die Genehmigung der Stuttgart-21-Pläne am Flughafen – rät aber dem Eisenbahn-Bundesamt zu weiteren Untersuchungen zum Brandschutz. Der Zeitplan der Bahn gerät zunehmend in Gefahr.

Stuttgart - Das Regierungspräsidium (RP) hat das sogenannte Anhörungsverfahren auf dem Weg zu einer Baugenehmigung für den Stuttgart-21-Abschnitt am Flughafen abgeschlossen. In den 330-seitigen Abschlussbericht seien die im Verfahren vorgetragenen Bedenken, Anregungen und Kritikpunkte der Betroffenen eingeflossen. Das Konvolut geht nun an das Eisenbahn-Bundesamt (Eba). Die Bonner Behörde muss abschließend über die Pläne befinden. Einen Fingerzeig gibt’s vom RP dazu. Es „ist nach sorgfältiger Prüfung zum Ergebnis gelangt, dass der beantragten Planung für den Teilabschnitt keine unüberwindbaren Hindernisse entgegenstehen.“

 

Klärungsbedarf beim Lärm- und Brandschutz

Allzu sicher kann sich die Bahn aber trotzdem nicht sein, schon bald die Baugenehmigung für den Abschnitt auf den Fildern zu erhalten. „Das Regierungspräsidium hat in seinem Anhörungsbericht zugleich aber auch dem Eisenbahn-Bundesamt empfohlen, eine Überprüfung einzelner Planungspunkte zu veranlassen“, sagt RP-Präsident Johannes Schmalzl. Weiteren Klärungsbedarf sieht er demnach „für den Bereich des Brandschutzes und auch für Teile des Lärmgutachtens.“

In vier Punkten konnten sich die Brandschutzbehörden und die Bahn „trotz zahlreicher Fach- und Abstimmungsgespräche“ nicht einigen. Dabei geht es unter anderem darum, ob die Schächte der Feuerwehraufzüge mit einer Druckbelüftungsanlage ausgestattet und auf den Bahnsteigen Feuermelder installiert werden müssen. Außerdem fordern die Brandbekämpfer, dass die Bahn bei ihrer Simulation, wie der Rauch im Falle eines Feuers aus der Station geblasen wird, eine längere Zeitdauer zu Grunde legt.

Der Zeitrahmen wird nochmals enger

Die Bahn zeigt sich gleichwohl zufrieden mit dem Verfahren. „Das ist aus unserer Sicht sehr gut gelaufen“, sagt ein Projektsprecher. Man sei zuversichtlich, den Planfeststellungsbeschluss – der gleichbedeutend mit einer Baugenehmigung ist – noch im ersten Halbjahr 2016 zu bekommen.

In der bei der jüngsten Lenkungskreissitzung im November 2015 vorgelegten Terminplanung hieß es mit Blick auf den engen Zeitrahmen, der Planfeststellungsbeschluss werde „unbedingt in 03/2016 benötigt, sonst Inbetriebnahme Gesamtsystem in 2021 extrem kritisch“. Trotz der Aufteilung des Flughafenabschnitts in zwei Teilbereiche befindet sich auch der für die Inbetriebnahme für S 21 unerlässliche Abschnitt 1.3 a auf den sich das aktuelle Verfahren bezieht, im Bahn-Deutsch „auf dem kritischen Pfad“.

Noch will niemand offiziell über eine denkbare weitere Aufsplittung des Vorhabens öffentlich reden. So könnte S 21 in Betrieb gehen, wenn am Flughafen die Neubaustrecke parallel zur Autobahn fertiggestellt ist, die mit wenig aufwendigen Kunstbauten aufwartet. Die deutlich kniffligere Anbindung des Flughafens, bei der die Gleise neben Filderäcker eben auch die Hallen der Landesmesse unterqueren, könnte in einem zweiten Schritt realisiert werden. Die Flughafengesellschaft als Mitfinanzier hat sich stets vehement gegen eine solche spätere Anbindung ausgesprochen.

Stuttgart 21 auf den Fildern

Aufteilung
Der Umbau des Bahnknoten Stuttgarts war ursprünglich in sechs Bereiche, die sogenannten Planfeststellungsabschnitte unterteilt. Bahnintern werden sie durchnummeriert, beginnend beim Abschnitt 1.1 (dem eigentlichen Bahnhof) und endend mit 1.6 (den Tunnel von der City nach Ober- und Untertürkheim). Die Filder werden von den Abschnitten 1.2, 1.3 und 1.4 tangiert, die nicht ganz einfach zu bauen sind.

Abschnitt 1.2
Dieser Planbereich umfasst im Wesentlichen den Fildertunnel. Zwei parallele, je rund 9500 Meter lange Röhren, verbinden den Durchgangsbahnhof mit der Filderebene. Die Züge überwinden dabei einen Höhenunterschied von 155 Meter. Zum Bau wird unter anderem eine Tunnelbohrmaschine eingesetzt. Aktuell sind rund 4,2 Kilometer gebohrt.

Abschnitt 1.3
Neben einem Teilabschnitt bei Untertürkheim ist dies der Baustellenteil, für den die Bahn noch keine Genehmigung hat. Um Stuttgart 21 wie angekündigt Ende 2021 in Betrieb nehmen zu können, einigten sich die Projektpartner von Bahn, Land, Region und Stadt im März 2015 auf eine Zweiteilung des Abschnitts. 1.3 a umfasst die Neubaustrecke, den Fern- und Regionalbahnhof am Messehaupteingang sowie die Zu- und Abfahrten dazu.

Der Abschnitt 1.3b stellt die Verknüpfung der Gäubahn mit Stuttgart 21 sicher. Dazu wird eine neue Verbindungskurve bei Rohr gebaut. Um den S-Bahnverkehr nicht über Gebühr zu beeinträchtigen erhält die S-Bahnstation am Flughafen ein drittes Gleis, auf dem der Regionalverkehr von Stuttgart in Richtung Schwarzwald, Bodensee und Schweiz abgewickelt werden soll. Hierfür ist das Genehmigungsverfahren noch nicht eingeleitet.

Abschnitt 1.4
Er beginnt an der Gemarkungsgrenze zwischen Stuttgart und Ostfildern. Der zehn Kilometer lange Abschnitt schafft an seiner Ostgrenze an der neuen Neckarbrücke bei Wendlingen die Verknüpfung zur Neubaustrecke Wendlingen-Ulm. Bei Denkendorf wechselt die Strecke von der Nord- auf die Südseite der Autobahn 8. Der Bau des dafür notwendigen Tunnel ist begonnen. Autofahrer müssen mit Einschränkungen rechnen. Das gilt auch im Bereich Plieningen und Scharnhausen. Dort muss die parallel zur Autobahn verlaufende Landesstraße 1204 verlegt werden, um Platz für die Schienen zu machen. Mitte Januar hat die Bahn den Auftrag im Wert von acht Millionen Euro dafür vergeben, die Arbeiten sollen im Frühjahr beginnen.