Seit wegen der Bauarbeiten am Hauptbahnhof der Platz schwindet, herrscht dort tägliches Verkehrschaos. Eine Arbeitsgruppe soll das Problem lösen, aber niemand weiß, wie und wann.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

S-Mitte - Einen derartigen Bekanntheitsgrad genießt wohl kein anderer Hobbyplaner. „Ach, der Andreas“, sagt Susanne Schupp. Sie ist Pressesprecherin der SSB. Der Andreas heißt mit Familiennamen Hofmann und sitzt für die Sozialdemokraten im Bezirksbeirat Mitte. Sein Spezialgebiet – und seine Leidenschaft – ist der öffentliche Nahverkehr. Darin gilt er den Genossen stadtweit als Fachmann. Vielleicht „liegt mir das in den Genen“, sagt er. Seine Großeltern waren Eisenbahner.

 

Hofmann steht vor dem Zentrum des Eisenbahnverkehrs in Stuttgart, vor dem Hauptbahnhof. Jüngst hat er in einem Antrag Vorschläge aufgelistet, wie das inzwischen alltägliche Chaos vor dem Bahnhof geordnet werden könnte. „Da kommt die Polizei“, sagt er. „Als hätte ich sie bestellt.“ Strafzettel, in Serie geschrieben, wären eine erste Möglichkeit.

Die Busspur vor dem Bahnhofsturm ist vollständig zugeparkt. In zweiter Reihe halten diejenigen, die in Eile Verwandte oder Bekannte aussteigen lassen wollen. Taxifahrer, die zum Haupteingang wollen, warten dahinter. Der Bus muss auf die linke Spur ausweichen, um wieder ganz rechts zur Haltestelle einzufädeln.

Der Bus stellt sich in der Warteschlange an

Auf der gegenüberliegenden Seite hat ein Fiat-Fahrer den Platz verstellt, auf dem ein Reisebus parken sollte. Der Fahrer hat ihn ersatzweise auf der Busspur abgestellt. Der 42er, der deswegen ausweichen muss, stellt sich im Stau vor dem Wagenburgtunnel an. Die Warteschlange verlängert sich, weil Autofahrer, die aus Richtung Heilbronner Straße kommen, erst kurz vor dem Tunnel wenden können. Etliche, einschließlich der Taxen, halten lieber gleich gegenüber. Ihre Passagiere hasten über die Straße, inklusive Busspur eine siebenspurige Straße. Ein Überweg für Fußgänger soll gebaut werden – in einigen Jahren.

Diese Liste ließe sich verlängern, bis hin zu dem Krankenwagen, dessen Sirene drüben bei der Stadtbibliothek vergeblich jault, weil den Autofahrern der Platz zum Ausweichen fehlt.

„Eine Wendemöglichkeit auf der gesperrten Linksabbiegespur“, sagt Hofmann, wäre eine erste Verbesserung. Die Busspuren müssten neu markiert, die Fahrbahnen dergestalt verschwenkt werden, dass die tote Abbiegespur genutzt wird. „Das ist alles nur eine Frage des Verkehrsmanagements“, meint Hofmann.

Das Durcheinander ist auch an offizieller Stelle nicht verborgen geblieben, sondern „bekannt und brisant“, sagt die SSB-Sprecherin Susanne Schupp. Seit der Parkplatz am Nordeingang massiv verkleinert und die Straße Am Schloßgarten gesperrt ist, „gibt es nicht mehr genug Aufstellfläche“. Heißt: Es drängen schlicht zu viele Fahrzeuge auf zu wenig Platz. Auch die Straßenbahner haben bei der Stadt ihre Vorschläge eingereicht, wie das Problem zu lösen ist – ähnlich denen Hofmanns – und eine Arbeitsgruppe unter Regie der Stadt müht sich. Aber „es ist kompliziert, man ringt noch um eine Lösung“, sagt Schupp. „Letztlich ist das Problem das Geld.“

Schon ein Hinweisschild könnte helfen

Uwe Neikes würde sich schon über Verbesserungen freuen, die durchaus bezahlbar scheinen, zum Beispiel einen deutlich sichtbaren Hinweis, dass der Bahnhof einen Nordausgang hat. „Das können Auswärtige nicht wissen“, sagt er, „weil man das Hinweisschild nur mit dem Mikroskop erkennen kann“ – weswegen der Platz vor diesem Eingang für Taxifahrer faktisch Niemandsland ist. Ganz abgesehen davon, dass der Weg hier der einzige behindertenfreundliche ist

Neikes ist Pressesprecher der Taxizentrale. Mindestens zwei, bis zu fünf Minuten, schätzt er, müssen die Chauffeure allein deswegen zusätzlich für eine Fahrt einplanen, weil sie eben erst vor dem Wagenburgtunnel wenden können. Auch die Taxizentrale „hat alle möglichen Vorschläge eingereicht“, sagt er. „Aber die muss erstmal jemand beantragen, und dann muss der Antrag durch den Ämterdurchlauf, bevor sich etwas ändert“.

Derlei Argumente will zumindest Andreas Hofmann keinesfalls gelten lassen. Die Baustelle für den Tiefbahnhof, sagt er, „ist ja nicht vom Himmel gefallen wie ein Wasserrohrbruch.“