Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) stellt den Beschluss des Landeskabinetts zum Finanzierungsbeitrag des Landes für Stuttgart 21 vor.

Stuttgart - Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) stellt heute (Dienstag/12.00) einen Beschluss des Landeskabinetts zum Finanzierungsbeitrag des Landes für Stuttgart 21 vor. Damit will die grün-rote Koalition nochmals festschreiben, dass das Land keinen Cent mehr als die vorgesehenen 824 Millionen Euro zum umstrittenen Bahnvorhaben beiträgt, wenn der Kostendeckel von 4,5 Milliarden Euro gesprengt werden sollte. Die Grünen in der Landesregierung gehen im Gegensatz zur SPD davon aus, dass dieses Limit überschritten wird. Die Bahn kalkuliert bislang mit Kosten von 4,1 Milliarden Euro.

 

An diesem Freitag berät der Landtag dann erstmals über den Entwurf der grün-roten Landesregierung für ein sogenanntes Kündigungsgesetz zum Milliarden-Bahnprojekt Stuttgart 21. Mit dieser Debatte wird der erste konkrete Schritt hin zur Volksabstimmung am 27. November gegangen. Der Weg dorthin ist steinig.

Was genau steht im Entwurf des Kündigungsgesetzes der Landesregierung?

Der im Kabinett mit den Stimmen der Grünen und von SPD-Justizminister und Stuttgart-21-Kritiker Rainer Stickelberger beschlossene Entwurf besteht aus zwei knappen Paragrafen. Der erste davon lautet: „Die Landesregierung ist verpflichtet, Kündigungsrechte bei den vertraglichen Vereinbarungen mit finanziellen Verpflichtungen des Landes Baden-Württemberg für das Bahnprojekt Stuttgart 21 auszuüben.“ Im zweiten Paragrafen wird das Inkrafttreten geregelt. Die Begründung des Gesetzes ist umso länger: Auf 13 Seiten werden Punkte wie mangelnde demokratische Legitimation des Projektes, zweifelhafte Leistungsfähigkeit des Tiefbahnhofes, unsichere Kostenkalkulation und Eingriffe in die Natur genannt.

Welche Schritte muss Grün-Rot bis zur Volksabstimmung gehen?

Voraussetzung für die Befragung der Bürger ist ein Konflikt zwischen Landesregierung und Landtag. Dieser entsteht dadurch, dass auch nach dem Regierungswechsel eine Mehrheit der 138 Landtagsabgeordneten für Stuttgart 21 ist. Deshalb ist damit zu rechnen, dass das Plenum das Ausstiegsgesetz ablehnt. Daraufhin muss nach der zweiten Lesung am 27. September mindestens ein Drittel der Parlamentarier - also 46 - eine Volksabstimmung beantragen. Die Fraktionen von SPD und Grüne mit zusammen 71 Stimmen werden höchstwahrscheinlich einen solchen Antrag stellen.

Welche Klagegründe könnten CDU und FDP anführen?

Die Oppositionsfraktionen von CDU und FDP könnten beim Staatsgerichtshof in Stuttgart klagen. Da allerdings gar kein Gesetz verabschiedet wird, wäre eine Normenkontrollklage - also die Überprüfung der Vereinbarkeit eines Landesgesetzes mit der Landesverfassung - zumindest schwierig.

Dagegen könnte die Opposition wegen einer möglichen Einschränkung der Rechte des Landtags klagen, erläutert FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. Die Richter müssten dann in einem sogenannten Organstreit entscheiden.

Nach Rülkes Worten ist die Frage nach einem Ausstieg des Landes aus der Finanzierung von Stuttgart 21 haushaltswirksam; eine Volksabstimmung beraube daher das Parlament seines „Königsrechts“. Das ist eine weite Auslegung der Landesverfassung - denn dort ist eine Volksabstimmung lediglich über den Landeshaushalt untersagt, nicht aber über haushaltsrelevante Regelungen.