Rammarbeiten in Untertürkheim machten in der Nacht auf Mittwoch einen solchen Lärm, dass einige Anwohner zur Baustelle gingen und ultimativ das Ende der Arbeiten forderten. S-21-Sprecher Wolfgang Dietrich räumt ein, dass die Arbeiten extrem laut waren – doch sie seien in dieser Form genehmigt.
Stuttgart - Für zahlreiche Bürger in Untertürkheim und Luginsland ist der Schlaf in der Nacht zum Mittwoch abrupt beendet gewesen. „Ein Höllenlärm“ weckte die Anwohner gegen 2 Uhr. Ausgangspunkt der Ruhestörung war die S-21-Baustelle auf dem Bahngelände an der Benzstraße. Dort wurden Masten eingerammt. Der Krach war so unerträglich, dass einige Anwohner zur Baustelle gingen und ultimativ das Ende der Arbeiten forderten, die dann auch eingestellt wurden.
Das S-21-Kommunikationsbüro erklärte am Mittwoch, die Arbeiten seien in dieser Form genehmigt. Auf der Nachtbaustelle fänden in nächster Zeit „normale“ Arbeiten statt, erst Mitte September sei wieder mit derartigem Lärm zu rechnen. Man werde dann konkret informieren, in welcher Nacht dies stattfinde. Bei den Arbeiten würden dann auch Lärmmessungen vorgenommen. Eine Verlegung auf den Tag sei nicht möglich, da während der Arbeiten keine Züge fahren dürften, sagte der S-21-Sprecher Wolfgang Dietrich, der einräumte: „Ja, das war extrem laut.“
Als Klaus J. (Name von der Redaktion geändert), der an der Ötztaler Straße wohnt, nach Hause kam, war noch alles friedlich. Wenig später war es mit der Ruhe vorbei. „Höllenlärm“ weckte den Mann, der vom Balkon aus die Polizei anrief – und die ihn wegen des Krachs im Hintergrund kaum verstand. Nach zehn Minuten war Ruhe – doch das sollte nur kurz sein. Gegen 2 Uhr begann das Spektakel erneut, „ohrenbetäubend“, urteilten einige Anwohner „Das war keine Lärmbelästigung, sondern Körperverletzung“, sagte Klaus J., der erneut die Polizei anrief und sich sofort aufmachte zur S-21-Baustelle an der Benzstraße, wo sich bereits mehr als zwei Dutzend verärgerte Anwohner versammelt hatten.
102 Dezibel Baustellenlärm in der Wohnung
Einige Bürger, darunter auch Klaus J., betraten die Baustelle und forderten einen Stopp der Arbeiten. Trotz „heftiger Wortgefechte“ mit dem Baustellenleiter, so Klaus J. und andere Beteiligte, sei es dank der Vermittlung der „sehr ruhig agierenden“ Polizisten gelungen, dass die Arbeiten eingestellt wurden. „Auch die Polizisten haben gesagt, dass der Lärm nicht auszuhalten ist“, berichtete Klaus J. Ein Anwohner habe die Lärmbelastung in seiner Wohnung gemessen: 102 Dezibel – das entspricht Discomusik in einem Meter Entfernung vom Lautsprecher. Für die erbosten Anwohner, die sich zudem von der Bahn nicht informiert fühlten, ist klar, dass sie sich eine derartige Lärmbelästigung nicht gefallen lassen wollen. „Wir werden uns dagegen wehren“, sagte Klaus J., „und wieder dagegen protestieren – dann aber nicht mit 50, sondern mit 500 Leuten.“ Ein anderer Anwohner erklärte: „Wir sind nicht bereit, derartigen Baulärm in der Nacht zu akzeptieren. Wir werden wieder zur Baustelle fahren und demonstrieren.“
Zahlreiche Bürger hatten sich am Mittwoch und noch in der Nacht bei der Stadtverwaltung und der Polizei beschwert. Es seien „sehr viele Anrufe“ bei der Polizei mit Beschwerden über die extrem lauten Geräusche eingegangen, sagte der Polizeisprecher Olef Petersen. Er bestätigte, dass etwa 20 Personen zur Baustelle gekommen waren, vier von ihnen hätten die Gleise betreten und einen Stopp der Arbeiten gefordert. Sie hätten die Bahnanlagen nach Aufforderung aber wieder verlassen.
Dietrich: „Da ist alles korrekt abgelaufen“
Dietrich sagte, die direkten Anwohner seien mit Flugblättern informiert worden, dass in der Zeit vom 25. August bis 13. September nachts gearbeitet werde. „Da ist alles korrekt abgelaufen“, so seine Einschätzung. Man wolle nun aber die Bürger zusätzlich informieren, in welcher Nacht Mitte September noch einmal mit starken Lärmbelästigungen zu rechnen sei – und diese Flugblätter dann auch im Gebiet jenseits der Augsburger Straße verteilen.
Ein Sprecher der Stadt erklärte gestern, dass Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) Wert darauf lege, dass die Bahn auf den Lärmschutz achte. Man werde dies bei nächster Gelegenheit ansprechen.