Die Bahn will in den nächsten zwei Wochen mit den Arbeiten im Schlossgarten beginnen. Auf den Juchtenkäfer soll dabei Rücksicht genommen werden.
Mannheim - Die Räumung des Stuttgarter Schlossgartens rückt näher. Für das Bahnprojekt „Stuttgart 21“ stehen dort die umstrittenen Baumfällarbeiten an. Mit dem Polizeieinsatz zur Räumung des Protestcamps und zur Absicherung der Baustelle ist innerhalb der nächsten zwei Wochen zu rechnen, sagte „Stuttgart 21“-Sprecher Wolfgang Dietrich am Freitag. Projektgegner haben bereits Widerstand angekündigt.
Nach der artenschutzrechtlichen Genehmigung der geplanten Baumfällungen und -versetzungen durch das Eisenbahnbundesamt (EBA) sollen nun 108 Bäume im Schlossgarten gefällt und 68 versetzt werden. Die Einsatzbereitschaft der Polizei ist die letzte Voraussetzung für die Arbeiten. Derzeit werden Hundertschaften aus anderen Bundesländern angefordert. Der genaue Zeitpunkt des Einsatzes werde aus Sicherheitsgründen nicht genannt, sagte Dietrich.
Laut Projektsprecher Dietrich sind bei den Untersuchungen der Bahn 20 Bäume mit Vorkommen des streng geschützten Juchtenkäfers gefunden worden. Diese würden nicht gefällt, sondern vor den Bauarbeiten geschützt und, wenn nötig, zusätzlich bewässert. Zwei Bäume auf dem Baufeld würden erst später gefällt, da darin Fledermäuse ihren Winterschlaf halten. 14 der zu versetzenden Bäume bleiben im Schlossgarten, die übrigen werden auf das Stadtgebiet verteilt.
Bahn rief BUND zu Gesprächen auf
Die Bahn rief den Bund für Umwelt und Naturschutz zu Gesprächen auf, anstatt nun erneut zu klagen. Der BUND hatte unmittelbar nach der Genehmigung des EBA Widerspruch vor dem Verwaltungsgerichtshof eingelegt. Bahn-Rechtsexperte Josef-Walter Kirchberg sagte, der BUND vertrete in dem Streit „eine extreme Position“. Er behaupte, nach der Rodung seien für den Juchtenkäfer nicht genügend Bäume vorhanden, um sich auszubreiten, was nicht stimme.
Offenbar verfolge der BUND noch immer die Absicht, „Stuttgart 21“ zu verhindern, sagte Kirchberg. Statt vor Gericht zu ziehen, sollten die Probleme besser in Fachgesprächen zwischen Bahn und BUND gelöst werden. Projektsprecher Dietrich appellierte: „Alle müssen sich konstruktiv in der Prozess einbringen und nicht nur sagen, was man nicht will.“
Was die umstrittenen Baumversetzungen kosten, konnte Dietrich nicht sagen. Für die Versetzung eines Baumes mit sogenannten Rundspatenmaschinen wird mit Kosten von etwa 3.000 und 5.000 Euro gerechnet. Die Bahn gehe hier in Vorleistung, wolle aber mit dem Lenkungskreis der Projektpartner verhandeln, ob diese aus dem Risikotopf des Projekt oder zusätzlich finanziert werden. Das Gremium soll voraussichtlich Ende Februar das nächste Mal tagen.
Abriss des Südflügels beginnt nächste Woche
Laut dem Projektsprecher kann die Bahn trotz der späten Zustimmung des Eisenbahnbundesamts ihren Zeitplan noch halten. Die Bahn hat aus naturschutzrechtlichen Gründen nur bis Ende Februar Zeit, die Bäume zu fällen und zur versetzen. Sollte dies nicht gelinge, werde man sich um eine Ausnahmegenehmigung bemühen, die das EBA zusammen mit den Naturschutzbehörden erteilen müsste, sagte Dietrich.
Nach wie vor könne das Projekt noch, wie geplant, 2019 fertiggestellt werden. Alles hänge davon ab, ob die Anlage für das Grundwassermanagement bis zum Sommer fertig gebaut ist. Die Arbeiten ruhen hier, da der Verwaltungsgerichtshof angeordnet hat, wegen der geplanten Bauänderungen Naturschutzverbände anzuhören.
In der nächsten Woche soll zudem mit dem Abriss des Südflügels begonnen werden. Der Seitenflügel des Hauptbahnhofs war in den vergangenen Wochen entkernt worden. Das Gebäude soll in etwa acht Wochen abgetragen sein.