Nach dem Verzicht der FDP zieht nun auch die CDU nach. Die Opposition klagt nicht gegen das Ausstiegsgesetz. Die SPD beschwichtigt die Grünen.

Stuttgart - Nach der FDP-Fraktion hat jetzt auch die Landtags-CDU den Weg für eine Volksabstimmung über das Bahnprojekt Stuttgart 21 frei gemacht. Nach einer allerdings kontroversen Diskussion entschieden sich die CDU-Abgeordneten bei ihrer Fraktionsklausur in Berlin dafür, auf eine Klage vor dem Staatsgerichtshof zu verzichten. Damit können die Baden-Württemberger voraussichtlich Ende November darüber abstimmen, ob sich das Land aus der Finanzierung des Projekts zurückzieht.

 

In diesem Fall hätte die Bahn zwar weiterhin das Baurecht, doch gilt es als ausgeschlossen, dass der Tiefbahnhof ohne den Landesanteil tatsächlich gebaut würde. Am Freitag bringt die Landesregierung den Entwurf für das Kündigungsgesetz in den Landtag ein. Dieses Gesetz war im Kabinett lediglich mit den Stimmen der Grünen sowie des SPD-Justizministers Rainer Stickelberger beschlossen worden.

Im Landtag hat es keine Chance auf eine Mehrheit - was von vornherein beabsichtigt ist. Denn nach der Ablehnung im Parlament kann die Regierung nach Artikel 60 der Landesverfassung den Gesetzentwurf zum Gegenstand einer Volksabstimmung machen, wenn ein Drittel des Landtags dies beantragt. Dies ist der Plan von Grünen und SPD.

Weitere Verzögerungen sollen verhindert werden

CDU-Fraktionschef Peter Hauk sagte, seine Partei halte das Kündigungsgesetz nach wie vor für fragwürdig und verfassungsrechtlich bedenklich. "Die entscheidende Frage aber ist: Was dient dem Projekt?" Da Hauk davon ausgeht, die Volksabstimmung zu gewinnen, eine Klage aber womöglich zu weiteren Verzögerungen und Unsicherheiten führe, stelle die Fraktion ihre Bedenken zurück. "Wir vertrauen als Volkspartei auf die Mehrheit der Menschen im Land."

Zugleich kündigte Hauk an, die Volksabstimmung zu einer Abstimmung über die Landesregierung machen zu wollen. Für die Kampagne werde die CDU Redner und Logistik bereitstellen. "Wir werden dafür werben, an der Wahl teilzunehmen und gegen eine Kündigung der Finanzierungsvereinbarung zu stimmen." Ein Motiv für den Klageverzicht der CDU-Fraktion dürfte auch in der Furcht vor dem Vorwurf zu suchen sein, sie wolle die direkte Mitsprache der Bürger verhindern.

Bei FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke klang diese Überlegung sehr deutlich durch. Er verwies auf den gescheiterten Bürgerentscheid in Stuttgart, der auf juristisch korrektem Wege verhindert worden sei, was aber im Ergebnis den Vorwurf evoziert habe, die Demokratie sei behindert worden. Rülke hatte schon am Mittwoch erklärt, die FDP werde nun doch nicht klagen. Er gibt dem Kündigungsgesetz ohnehin keine Chance.

Keine Verstimmungen bei Grün-Rot

SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel kündigte nach der Fraktionsklausur in Biberach an, seine Partei werde auf der Plattform der Initiative Pro Stuttgart 21 für das Projekt werben. "Dort können sich alle einbringen, die für Stuttgart 21 sind." Zuvor hatte er sich in der Fraktion einiger Kritik wegen seiner Gespräche mit der CDU-Spitze über gemeinsame Aktionen vor der Volksabstimmung zu erwehren gehabt. "Die Kritik war zum Teil berechtigt", räumte er ein. "Die Kollegen waren überrascht gewesen."

Aber er habe mit SPD-Landeschef Nils Schmid die Wogen geglättet. Schmiedel sagte: "Das Volk entscheidet bei Volksbefragungen über Sachen, nicht über Parteien. Deshalb ist es nicht gegen die Grünen gerichtet, wenn die SPD für Stuttgart 21 eintritt, und es ist nicht gegen die SPD gerichtet, wenn die Grünen gegen Stuttgart 21 eintreten."

Berichte über Verstimmungen im grün-roten Regierungsbündnis bezeichnete Schmiedel als falsch. "Hinter Spekulationen über eine Große Koalition stecken immer interessierte Kreise." Dennoch sah er sich zu einem weit vorausgreifenden Bekenntnis zum Bündnis mit den Grünen veranlasst: "Wir werden auch bei der nächsten Landtagswahl für die Fortsetzung dieses Bündnisses eintreten."