Die Projektgegner kritisieren Deutsche Bahn und Landesregierung wegen des Fahrplans für den Stresstest. Und sie verlangen Einblicke.

Stuttgart - Die neue Führung des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21 in Person der BUND-Landesvorsitzenden Brigitte Dahlbender und des SÖS-Stadtrats Hannes Rockenbauch hat am Mittwoch die Deutsche Bahn und die grün-rote Landesregierung attackiert sowie ein "Aufleben des friedlichen, zivilen Widerstands" gegen das umstrittene Milliardenprojekt angekündigt, "der die Bürger in Begeisterung versetzen wird". Das Bündnis kritisiert, dass es als einer der beiden "legitimen Verhandlungspartner" seit den Schlichtungsverhandlungen bisher vom dabei vereinbarten Leistungstest für den geplanten Tiefbahnhof ausgeschlossen ist. Es lägen dem Bündnis der Projektgegner bis heute, da die wesentliche Arbeit bereits getätigt ist, keinerlei Informationen über die Grundlagen und Eingangsdaten des Stresstests vor, den die Fahrplangestalter der schweizerischen Firma SMA im Auftrag der Bahn bis zum 14. Juli erstellen. Die Bahn plane offenbar, das Bündnis erst zwei Tage vorher zu informieren.

 

Bis heute sei das Aktionsbündnis jedenfalls nicht zu der im Projektlenkungskreis zwischen Bahn und Land ausgehandelten Stresstest-Schlichtung am 14. Juli im Stuttgarter Rathaus offiziell eingeladen worden. "So lassen wir uns nicht abspeisen", sagte Dahlbender. Es könne nicht sein, dass Bahn, Land und Stadt in dieser Angelegenheit mauschelten. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) müsse dafür sorgen, dass - zum Vergleich - die aktuelle Leistungsfähigkeit des bestehenden Kopfbahnhofs untersucht werde, so Rockenbauch. Zudem sei die Bahn der Landesregierung klare Belege für eine Kostensteigerung durch einen Baustopp schuldig geblieben. So etwas müsse die Regierung einfordern und "auf den Tisch hauen".

Projektgegner kritisieren Zeitplan

Rockenbauch sagt, das Bündnis werde aber nur unter bestimmten Voraussetzungen mit eigenen Experten, die wieder vom Land bezahlt werden sollen, daran teilnehmen. Diese müssten überprüfen können, ob der geplante Tiefbahnhof in der Praxis auch optimale Verbindungen für die Fahrgäste im ganzen Land, vertaktete Fahrpläne und gute Anschlussverbindungen habe. Bis jetzt dokumentiere das Vorgehen, "dass die Bahn an einer ergebnisoffenen und fairen Diskussion über den Stresstest nicht interessiert ist und das Ganze als reine Alibiveranstaltung ansieht", so Rockenbauch. Das sei nicht demokratisch.

Die Projektgegner kritisieren auch den zwischen Land und Bahn vereinbarten Zeitplan. Dass nur ein Tag nach der auf sechs Stunden Debatte angesetzten Stresstest-Schlichtung die Bahn bereits milliardenschwere Großaufträge für Tunnelbauten vergeben wolle, sei "absolut inakzeptabel und ein unglaublicher Affront", so Dahlbender. Die Bürger würden düpiert.

Baustopp bis zum Herbst gefordert

Der BUND-Regionalvorsitzende Gerhard Pfeifer sagte, er wisse von an der Ausschreibung beteiligten Firmen, dass sie sich nicht gegen eine Vertagung der Vergabe bis Herbst stemmen würden. Die Bahn baue in dieser Hinsicht also eine Drohkulisse auf. Dahlbender forderte am Mittwoch nicht nur, dass der Stresstest gemeinsam mit dem Bündnis entwickelt und bewertet werden solle, sondern auch, dass es mindestens einen weiteren vertiefenden Termin im September geben müsse. Bis dahin sollte die Bahn auf eigene Kosten einen Bau- und Vergabestopp verhängen.

Der Leiter des Kommunikationsbüros, Wolfgang Dietrich, sagte am Mittwoch, die Bahn sei "der falsche Adressat" für Protestschreiben des Aktionsbündnisses. Dessen "Freunde in der Landesregierung" hätten doch ausreichend Gelegenheit zur umfassenden Information. Das gelte auch für die Teilnahme an der Schlichtungsveranstaltung. Er empfehle in diesem Falle eine Abstimmung mit dem Verkehrsminister.

Dietrich kündigte eine Veränderung in der Struktur seines Büros an. Dem Land sei angeboten worden, seine Mitgliedschaft im "Befürworterverein" ruhen zu lassen.